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17. Januar 2024

Die Aufhebung des Rabattgesetzes

Es war eines der wenigen Nazi-Gesetze, das bis ins 21. Jahrhundert überlebte: Erst 2001 wurde das von den Nationalsozialisten 1933 eingeführte Rabattgesetz aufgehoben. Bis dahin waren in Deutschland Preisnachlässe jenseits des Drei-Prozent-Barzahlungsrabattes nur in sehr engen Grenzen erlaubt: bei Geschäftsauflösungen, bei Umbauten und im Sommer- oder Winterschlussverkauf. 

Plötzlich überboten sich die Händler mit "Super-Hammer-Wahnsinns-Rabatten". Für die einen war das eine nicht-rückholbare, ruinöse Katastrophe; für die anderen, die Entfesselung des (un)mündigen Verbrauchers. Der "smart shopper" war geboren, der Schnäppchenjäger, der nicht mehr gewillt ist, reguläre Preise zu zahlen. Ein Flächenbrand, der sich vom Handel rasch auf andere Dienstleistungssparten ausdehnte: Hotels, Flugreisen, Restaurants. Eine Reise ins Land phantasievoller Marketingstrategien und des hemmungslosen Feilschens. 

Sonderpreise schalten den Verstand aus. Von dieser These zeigte sich Bernd Weber überzeugt. Im März 2009 schickte der Neurologe vom Bonner Hirnforschungszentrum "Life & Brain" deshalb fünf Probanden für die WDR-Sendung "Quarks & Co" in den Kernspintomografen. Dort zeigt er ihnen durch eine Videobrille unterschiedliche Produkte, einmal mit, einmal ohne Rabattschild. Tatsächlich ist der angezeigte Preis in beiden Fällen gleich. Die Analyse der Gehirnbilder war eindeutig: Beim Betrachten des Rabattschilds ist ein Teil des so genannten Belohnungssystems in der Gehirnmitte besonders rege. Das Kontroll- und Verstandeszentrum im Vorderhirn hingegen bleibt weniger aktiv.

Als Anfang 1934 im Deutschen Reich das Rabattgesetz in Kraft tritt, hat der Gesetzgeber weniger den Schutz des Käuferverstandes als vielmehr eine Kontrolle des Wettbewerbs im Sinn. Danach dürfen Preise für Produkte des alltäglichen Gebrauchs sowie gewerbliche Leistungen in der Regel nur bei unverzüglichem Barkauf, und selbst dann nur bis zu drei Prozent billiger angeboten werden. Ausnahmen sind etwa für Großabnehmer oder Unternehmensangestellte zum Eigenbedarf möglich.

Das Deutsche Reich geht unter, aber das Feilschverbot des Rabattgesetzes behält auch in der neu gegründeten Bundesrepublik seine Gültigkeit. Jahrelang läuft der Handel gegen den "alten Zopf" Sturm. Aber erst am 25. Juli 2001 tritt des deutsche Rabattgesetz offiziell außer Kraft. Seitdem ist fast jeder Tag Sommerschlussverkauf; Sonderpreise und Feilschen sind gleichermaßen erlaubt.

Angeblich sind die Verbraucher am Anfang wie geblendet von der neuen "Sale!"-Kultur. "Regelrecht hypnotisiert von den neuen Möglichkeiten" sei der Kunde gewesen, sagt der Kölner Handelsforscher Kai Hudetz: "Es war auf einmal wichtiger, 30 oder 40 Prozent Rabatt zu bekommen. Und auf Nachfrage konnte mancher Verbraucher gar nicht sagen, was er für das Produkt eigentlich bezahlt hatte."

Und Frank Dopheide, jahrelang Chef einer internationalen Werbeagentur aus Düsseldorf, sieht in der Aufhebung des Rabattgesetzes gar einen schweren Fehler, ja einen Mord: "Mord an der Idee vom Qualitäts-Markenartikel, der einfach seinen Preis hat".

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