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08. November 2023

"Erfahrung, Empathie und Kreativität sind bei Centermanagern wieder mehr gefragt"

FACHKRÄFTEMANGEL AUCH IN DER HI-BRANCHE – INTERVIEW MIT JUTTA HEUSEL (KOLLMANNSPERGER EXECUTIVE SEARCH)
Jutta Heusel, Geschäftsführende Gesellschafterin Kollmannsperger Executive Search GmbH
Foto: Kollmannsperger

Das Wort Fachkräftemangel ist in aller Munde und betrifft alle Branchen; die Frage ist eher, wie stark die jeweilige Branche davon betroffen ist. "Den Retail-Sektor hat es jedenfalls deutlich erfasst", sagt Jutta Heusel, seit über 20 Jahren als selbständige Personalberaterin bei Kollmannsperger Executive Search im Immobilienbereich tätig, in einem Interview mit HI HEUTE. Aufgrund des steigenden E-Commerces sei der stationäre Handel bereits seit Jahren in einer schwierigen Marktsituation. Ihn hat es entsprechend hart erwischt, weshalb es sehr schwierig ist, gute Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu gewinnen. Andere Assetklassen sind es, die seit langem boomen und darum die Top-Leute für sich gewinnen konnten. 

HI HEUTE: Frau Heusel, wie wirkt sich das Personalthema derzeit im Handelsimmobiliensegment aus?

Jutta Heusel: Insbesondere die Shopping Center sind durch diverse Entwicklungen, Veränderungen, Erweiterungen, Neupositionierungen, etc. gegangen und mit diesen auch immer das entsprechende Personal. So war ursprünglich pro Einkaufszentrum (und damit der entsprechenden Center-Werbegemeinschaft) ein Centermanager oder eine Centermanagerin mit seinem bzw. ihrem Team verantwortlich. Aus Kostengründen wurde erst das Team geschrumpft und aus Effizienzgründen die zu betreuende Gemeinschaftsfläche bis hin zu der heutigen Entwicklung, bei der ein Centermanager für mehrere Center gleichzeitig verantwortlich ist. 

In einer grundsätzlich guten Marktlage gibt es große, erfolgreiche Center, die an frequentierten Standorten liegen und kleinere Center, die mehr auf lokale Gegebenheiten und deren Player zugeschnitten sind. Die Schwierigkeit dieser Aufgabe, mehrerer Center parallel zu betreuen, zeigt sich in der aktuellen Marktlage. 

HI HEUTE: Worin bestehen die personaltechnischen Herausforderungen? 

Jutta Heusel: Insbesondere kleinere Center benötigen aktuell viel Aufmerksamkeit und ein hohes Maß an Zeit und Kreativität, um Verträge abzuwickeln, Insolvenzen umzusetzen und Flächen anders zu gestalten sowie entsprechend neue Mieter zu finden. Dies ist die fachliche Seite. Die personelle Seite ist, entsprechendes Personal für die Aufgabe eines Centermanagers oder einer Centermanagerin zu finden. Im Fokus stehen Menschen mit Erfahrung, die jedoch am Markt kaum verfügbar sind. Der Fachkräftemangel schlägt hier stark zu Buche. In der Vergangenheit wurden wenig neue Positionen ausgeschrieben, so dass es zu wenige gibt und die erfahrenen meistens wertgeschätzt und zufrieden sind. Das Nachsehen haben die kleineren Center, weil sie zum einen weniger attraktive und große Mieter besitzen und zum anderen an weniger frequentierten Standorten gelegen sind. Schwierige Center möchte auch niemand betreuen, da es eine wenig erfolgsversprechende Aufgabe ist, hier Veränderungen zu bewirken. 

HI HEUTE: Was heißt das ganz konkret? 

Jutta Heusel: Wenn sich in der Vergangenheit ein Centermanager primär über die Größe, den Bekanntheitsgrad und damit auch den Standort seines Centers definieren (und auch daran seine Erfahrung ablesen) ließ, haben wir aktuell neue Herausforderungen. Da es in letzter Zeit eher junge, unerfahrene Centermanagerinnen und -manager gab, haben die bis heute keine Krisenerfahrungen machen können und sind es nicht gewohnt, neue Wege zu gehen. Momentan gestalten sich Standorte sehr unterschiedlich und driften mehr auseinander, als dies in der Vergangenheit der Fall war. Große, gut funktionierende Center, die für den Centermanager bzw. die Centermanagerin von Mieterseite über die Zentrale gesteuert werden, stehen kleinen, sehr regionalen Centern gegenüber, die über lokale Player funktionieren und hier auch ihre Schwierigkeiten aufweisen. Hier muss individuell gehandelt werden. Es hilft, ein gutes und vertrautes Verhältnis zu den Mietern zu haben, um mit ihnen gemeinsam Lösungskonzepte und veränderte Flächennutzungen zu überdenken. So können insgesamt wieder attraktive und funktionierende Center geführt werden. 

HI HEUTE: Wie haben sich denn die Aufgaben im Centermanagement verändert? 

Jutta Heusel: Wenn in der Vergangenheit Effizienz und maximale Flächenausnutzung im Vordergrund standen, so sind momentan individuelle Lösungsansätze gefragt. Hier werden die Centermanagerinnen und -manager wieder mehr in ihre eigentliche Management-Rolle genommen, weil sie nicht mehr lediglich die Verwalter der Standorte und Organisatoren der Werbegemeinschaften von Centern sind, sondern mit Kreativität und Empathie auf Mieterinnen und Mieter zugehen und diese mit ins Boot holen müssen, um insgesamt ein erfolgreiches Konzept in Centern und auch im Quartier zu entwickeln. Der Fachkräftemangel und die fehlende Krisenerfahrung führen dazu, dass wieder auf Seniorität geachtet wird, auf die man in vielen Centern in den letzten Jahren aus Effizienzgründen verzichtet hat. Erfahrung wollte und konnte man sich häufig nicht leisten.

HI HEUTE: Warum ist das alles aber in der Praxis so schwierig? 

Jutta Heusel: Die Schwierigkeit besteht primär darin, dass viele Centermanagerinnen und -manager gar nicht mit einer Krisensituation vertraut sind. Auch wenn der Online-Handel schon lange boomt und den stationären Handel zurückdrängt, sind Insolvenzen in starkem Ausmaß zum Glück erst seit kurzem zu sehen. Hier gemeinsam mit dem bestehenden Mieter die Insolvenz umzusetzen, offen für pragmatische und neue Wege zu sein, ist für viele CM-Kräfte Neuland und eher frustrierend. Hier wird wieder mehr nach Seniorität gefragt, weil die Erfahrung auch Nervenstärke mitbringt und das Bewusstsein, dass auch in schwierigen Zeiten mit Pragmatismus und Empathie Lösungen gefunden werden.

Vielleicht zwingt auch der Fachkräftemangel die Center dazu, nicht lediglich neue Konzepte in der Vermietung und dem Flächenmanagement anzugehen, sondern auch auf pragmatische Lösungen und Flexibilität in der Besetzung des Centermanagements einzugehen. Wenn den Managerinnen und Managern mehr Wertschätzung entgegengebracht werden würde und sie wieder die Kümmerer und Macher des Centers wären, würde die Position wieder gestärkt und attraktiver im Markt gesehen werden. 

Klar: Der Fachkräftemangel ist nicht zu leugnen, aber Kreativität und Flexibilität in jeder Hinsicht können Abhilfe schaffen, damit neue Konzepte anders gedacht zum Tragen kommen und schwierige Standorte an Attraktivität gewinnen können. 

Zur Person Jutta Heusel:

Jutta Heusel ist seit über 20 Jahren als selbständige Personalberaterin bei Kollmannsperger Executive Search im Immobilienbereich tätig. Sie leitet von München aus ein Büro mit kleinem Team in Frankfurt. Die Hamburgerin, die in NRW und Hessen aufgewachsen ist, betreut die unterschiedlichsten Positionen im Immobilienbereich auf allen Levels und in allen Asset Klassen. Sie ist bundesweit tätig. Ihre Investoren sind verstärkt institutionelle Investoren und Projektentwicklungsgesellschaften. Im Jahr 2000 stieg sie bei ihrer Mutter, Rose-Marie Kollmannsperger in die Personalberatung Kollmannsperger Executive Search mit ein und ist dort seitdem geschäftsführende Gesellschafterin, seit 2019 alleinige Gesellschafterin. 



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