Harald Ortner, Vorstand des German Council of Shopping Places. Foto: GCSP / KD Busch
Um die Handelslandschaft zu pushen, hat der German Council of Shopping Places (GCSP) einen reellen Vorschlag vorgelegt. Die Idee eines zeitlich befristeten gerechten Rabattierungsmodells stößt bei den Mitgliedern auf große Zustimmung.
Handlungsbedarf besteht in den Augen der Retail-Experten, da der stationäre Einzelhandel in Deutschland durch die Corona-Krise mehrfach stark betroffen ist. Zum einen ist in den Wochen der behördlich angeordneten Geschäftsschließung ein totaler Umsatzausfall entstanden, und zeitgleich konnte der schon vor der Krise wachsende reine Online-Handel deutlich spürbar den Konsumenten für sich gewinnen.
Riesenverluste durch Lockdown
„Die Umsatzverluste durch den Lockdown werden auf rund 30 bis 40 Milliarden Euro geschätzt", erklärt GCSP-Vorstand Harald Ortner und erläutert weiter: „Wir schlagen zur Unterstützung der betroffenen Betriebe im stationären Ladenhandel die Herabsetzung der Mehrwertsteuer für Waren und Leistungen, die einen Satz von 19 Prozent haben, die Senkung der Mehrwertsteuert auf sieben Prozent, beginnend am 1. Juli 2020 und endend am 31. Dezember 2021, vor. Die Reduktion des Mehrwertsteuersatzes um zwölf Prozent verursacht volkswirtschaftliche Kosten in Höhe von zirka 38,92 Milliarden Euro."
Der GCSP befürwortet ein zeitlich befristetes Rabattierungsmodell über die Herabsetzung der Mehrwertsteuer für Einkäufe im stationären Einzelhandel, und zwar nur für den Teil der Sortimente und Leistungen, bei denen der Großteil der Abverkaufsstellen im Rahmen des Lockdowns durch Ladenschließungen betroffen waren. Somit gilt das Rabattierungsmodell im Bereich Einzelhandel zum Beispiel für die Sortimente Bekleidung und Schuhe, aber auch für Gastronomien und Dienstleister wie den Schuh- und Schlüsseldienst. Sortimente wie Lebensmittel, Drogeriewaren (FMCG /Fast Moving Consumer Goods), aber auch Baumarktsortimente sind von dem Rabattierungsmodell ausgeschlossen oder haben ohnehin schon niedrigere Steuersätze. Das Rabattierungsmodell soll nur für Umsätze im stationären Bereich inklusive Click and Collect gelten, nicht für reine Online-Umsätze. Die beschlossene Mehrwertsteuerreduktion in der Gastronomie sollte beibehalten werden.
Gezielt Betriebe fördern
Harald Ortner: „Unser Vorschlag orientiert sich daran, dass es sinnvoll ist, die Betriebe zu fördern, die förderungswürdig sind. Dies spiegelt sich in den Überlegungen wider, dass das Rabattierungsmodell nur bei getätigten Umsätzen greift. Insofern kommt die Förderung den Betrieben zugute, die die Motivation mitbringen, ihren Betrieb zu erhalten. Ebenso lässt das Modell weiteren Spielraum für Vereinbarungen zwischen Mietern und Vermietern, die sich an den Modellen von ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss (skandinavischen Modell unter Beteiligung des Staates) sowie des HDE (Mietenteilung im Verhältnis 50:50) oder aber an Zwischenformen orientieren können. Und das Modell kommt im Gegensatz zu Gutscheinsystemen, die oft von den größeren Betrieben mit der größten Werbemacht vereinnahmt werden, allen Betrieben zugute, da insbesondere die Sortimente und Betriebe gefördert werden, die am meisten durch die Krise in Mitleidenschaft gezogen wurden.“
Genau ausgerechnet
Der HDE prognostiziert einen Umsatz im stationären Einzelhandel (ohne Online-Handel für 2020 von rund 494 Milliarden Euro. Diese Summe ist laut GCSP um die Umsatzverluste der Lockdown-Wochen in Höhe von etwa 30 Milliarden Euro zu reduzieren, sodass es in 2020 zu einem geschätzten Umsatz von rund 464 Milliarden kommen könnte. Davon entfällt ein Betrag in Höhe von etwa 232 Milliarden Euro für die Zeit ab Juli 2020. Für das Jahr 2021 prognostiziert bulwiengesa auf Basis der HDE-Prognose einen Umsatz in Höhe von rund 470 Milliarden Euro.
Insgesamt werden damit nach Expertenmeinung ab Juli dieses Jahres bis Ende nächsten Jahres rund 702 Milliarden Euro im stationären Ladenhandel umgesetzt. Aus diesem Umsatz muss für den vergleichbaren Zeitraum der Umsatz der FMCG (Fast Moving Consumer Goods) herausgerechnet werden, da diese keine Rabattierung erhalten sollen bzw. schon mit dem niedrigen Steuersatz belegt sind. bulwiengesa schätzt hier für das zweite Halbjahr 2020 einen Betrag von 105 Milliarden Euro, für 2021 insgesamt dann rund 211 Milliarden Euro. Insgesamt sind also 316 Milliarden Euro zu subtrahieren. Damit verbleiben über den genannten Zeitraum Umsätze in Höhe von insgesamt 386 Milliarden Euro, die der vom GCSP vorgeschlagenen Rabattierung unterliegen. Die Reduktion des Mehrwertsteuersatzes um zwölf Prozent verursacht insofern volkswirtschaftliche Kosten in Höhe von 38,92 Milliarden Euro.
„In der Modellrechnung nicht berücksichtigt sind Steuereinnahmen, die durch einen Impuls auf Nachfrageseite geschaffen werden. Dies können nach unserer Auffassung bei fünf bis zehn Milliarden Euro in dem betroffenen Zeitraum liegen“, stellt Harald Ortner abschließend fest.
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