Innenstadt-Entwicklung

Größer und mit mehr Nutzungsarten - aber der Kern des Wollhauses soll erhalten bleiben.

Visualisierung: blocher partners GmbH

Das Wollhaus bietet auch attraktive Wohnungen.

Das Wollhaus bietet auch attraktive Wohnungen.

Das Wollhaus in Heilbronn könnte man beinahe schon als altehrwürdig bezeichnen. Dennoch kommt einem diese Definition nicht in den Mund, denn im wahrsten Sinne des Wortes ist das Wollhaus Sinnbild von Brutalismus. Noch keine 50 Jahre alt und von bester Substanz, einst gefeiert und doch heute – respektvoll ausgedrückt – meist milde belächelt. Dabei geht es hier immer noch um höchste architektonische Qualität, auf deren Wiederbelebung es sich durchaus lohnt einzulassen, wie die Architekten von blocher partners aus Stuttgart belegen.

Unbestritten ist zweierlei: Das Wollhaus in Heibronnn, ehemals Arrondierung der Innenstadt, hat spätestens seit der Schließung seines Hauptmagneten 2015, der Galeria Kaufhof, seine besten Tage hinter sich. Verschiedene Entwickler haben in den folgenden Jahren Überlegungen angestellt, was mit dem einstigen Schmuckstück getan werden kann. Im Mittelpunkt aller Ideen stand stets der Abriss. Damit verbunden ein Neubau und immer wieder steigende Kosten, die dazu führten, dass niemand die Verantwortung für das Projekt übernehmen wollte. 

Das wiederum rief einen lokalen Projektentwickler auf den Plan, der gemeinsam mit den Architekten von blocher partners überzeugt ist, dass das Wollhaus versteckte Potenziale hat. Die Neufeld Immobilien GmbH ist eine lokale Größe in Heilbronn und trotz fehlender Erfahrung in der Entwicklung gemischt-genutzter Immobilien aufgrund der Verwurzelung vor Ort die wichtigste Kraft, um das Projekt mit Unterstützung der Stadt zielgerichtet nach vorne zu bringen.

Dabei hat die Neufeld Immobilien GmbH mit blocher partners einen erfahrenen Partner ausgesucht, der sich einerseits durch Projektrealisierungen in Heilbronn wie der Stadtgalerie oder des Modehauses Palm bestens mit der Innenstadt auskennt und andererseits seit 30 Jahren für die Revitalisierung der Handelsarchitektur in den deutschen Innenstädten steht und das Projekt über die Architektur hinaus auch in der Innenarchitektur und dem Branding begleiten kann.

Im ersten Schritt sieht das Konzept der Architekten einen minimalen Rückbau des Bestandsgebäudes vor, sodass ein Oberlicht für die geplante Mallnutzung entsteht. Im nächsten Schritt werden die Stadtachsen wieder hergestellt und die Eingänge akzentuiert. Zusätzlich werden die Terrassen für die Bürger zugänglich gemacht. Die Aufstockung des Turms sorgt für eine Fernwirkung des Gebäudeteils, für den eine öffentliche Nutzung im obersten Geschoss mit Dachterrasse geplant ist. Außerdem soll das Gebäude einen Wohnriegel erhalten, der als Hochpunkt im Süden mit grünen Terrassenwohnungen wertvollen innerstädtischen Wohnraum schafft. Als markantes Gebäude ist ein viergeschossiger Zimmerriegel für ein Hotel neben der Turmgeometrie geplant.  Die obersten zwei Geschosse des Bestands wird eine großflächige Begrünung schmücken.

Die Erweiterung und Neugestaltung des Gebäudes trägt zur Entstehung neuen Stadtraums bei: Mit attraktiven Fassaden im Erdgeschoss belebt die geplante Mall den Vorplatz mit Busbahnhof und verbindet diesen mit dem Platz im Osten und der Fußgängerzone in der Fleiner Straße.

Der Planung vorausgegangen ist in enger Abstimmung mit der Stadt und dem Projektentwickler zunächst die Erarbeitung eines Nutzungskonzepts, das eine Durchmischung verschiedenster, sich gegenseitig befruchtender Angebote vorsieht: Neben einem Nahversorger wird es verschiedene Ladenflächen mit Ankermietern geben sowie Wohnen, Hotel und Boarding House. Einziehen werden auch Office, Gesundheit und Fitness-Angebote, außerdem ist eine soziale Nutzung z.B. durch eine Kita denkbar. Durch die Funktionsmischung wird das gesamte Haus erlebbar; der private Raum wird aufgelöst und lässt das Gebäude so wieder zum Bestandteil der Stadt werden.

Spezialisiert auf innerstädtische Entwicklungen, ist es blocher partners seit jeher ein Anliegen, solche Projekte wie das Wollhaus im Sinne der Bürger zu gestalten. Die Ge-bäude dürfen nicht abgeschottet werden, sondern müssen von vielen Seiten zugänglich sein. Sie sollten nicht nur im Innenbereich attraktive Allgemeinflächen bieten, sondern möglichst auch im Außenbereich. Es ist ein Glück, dass das Gebäude in Heilbronn sehr schöne Terrassen besitzt, die für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden können. 

Das Stuttgarter Planungsbüro ist überzeugt, dass die Zukunft der Innenstädte zunehmend durch die Abkehr von Mono-Nutzungen geprägt sein wird. Zukunftsfähige Projekte zeichnen sich durch ihre Multifunktionalität aus und sind idealerweise mit möglichst flexiblen Strukturen geplant, die es dem Bauherrn ermöglichen, auf sich verändernde Marktanforderungen flexibel zu reagieren. Das bedeutet: Mit einer individuellen Note ist es nicht getan und ebenso wenig mit Pauschallösungen. Vielmehr sind konzeptionelle Ansätze gefragt, die den spezifischen Bedürfnissen des jeweiligen Standorts gerecht werden. Hier sei auch die Bedeutung der Verdichtung von Städten durch die intelligente Nutzung und den Erhalt solcher Immobilien unterstrichen. Denn um eine nachhaltige Stadtentwicklung zu fördern, müssen Ressourcen effizient genutzt werden.