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07. März 2024

„Wir stärken den Bestand und fügen neue Qualitäten hinzu!“

HI HEUTE-EXKLUSIVINTERVIEW MIT ANDREW HENNING JONES UND STEFAN PEHLE VON AUKETT + HEESE
Andrew Henning Jones und Stefan Pehle von Aukett + Heese.
Foto: Aukett + Heese

Seit 1992 planen die Architekten von AUKETT + HEESE (Headquarter in Berlin) komplexe Projekte. Vor 30 Jahren fing alles mit einer Person an und wird heute mit großem Engagement und fundierter Erfahrung von 140 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern weitergetragen.⁠ HI HEUTE-Chefredakteur Thorsten Müller wollte wissen, wie sie die planungs- und bautechnischen Veränderungen bei großen Handelsimmobilien sehen und sprach dazu mit Direktor Andrew Henning Jones und Management-MItglied Stefan Pehle.

HI HEUTE: Der Handelsverband Deutschland prognostiziert bis Ende 2024 die Schließung von rund 5000 Geschäften bundesweit: Welchen Herausforderungen begegnen Handelsimmobilien damit aus stadtplanerischer Sicht?

Stefan PehleHandelsimmobilien stehen derzeit vor Herausforderungen und tiefgreifenden strukturellen Umbrüchen, die sich aus dem Wandel des Einzelhandels und dem veränderten Kundenverhalten ergeben. Architekt*innen müssen daher heute - neben der Beherrschung der städtebaulichen und funktionalen Aufgabenstellung, der Statik, technischen Installationen etc. - innovative Lösungen finden, um diesen Bedeutungswandel zu meistern und zugleich eine energieeffiziente und nachhaltige Lösung zu entwickeln.

Andrew Henning Jones: Unser Anspruch bei AUKETT + HEESE ist es, zukunftsfähige Architektur zu gestalten, die nachhaltig ist, gut in den Kontext passt und eine starke Identität ausmacht. Mit Blick auf die Innenstädte sind bspw. leerstehende Büros oder Ladenflächen eine große und auch interessante Herausforderung, um dem Handel ein attraktives und identitätsbildendes Umfeld zu schaffen.

HI HEUTE: Bei welchen Nach- bzw. Zwischennutzungskonzepten, insbesondere für große Kaufhäuser, sehen Sie Chancen? Und: Gibt es Grenzen?

Stefan Pehle: Die Umnutzung von Leerständen trägt maßgeblich zur Neupositionierung ganzer Gebäudekomplexe bei. Gute Chancen sehen wir bei Mischnutzungen mit verbleibenden Handelsnutzungen oder Dienstleistungsangeboten im EG und UG und - soweit möglich – Wohn- und Büronutzungen in den Obergeschossen. Der Niedergang der Kaufhäuser und damit die Gefahr der innerstädtischen Verödung bietet aber auch Chancen für das Ansiedeln sozialer und kultureller Einrichtungen, bzw. Bildungseinrichtungen.

In Bezug auf die Umnutzung von Gebäuden im Allgemeinen können die meisten bestehenden Einzelhandelsflächen an die sich verändernden Anforderungen angepasst werden. Wichtige Faktoren sind dabei Raumdimensionen, Materialien sowie die vorhandene Tragkonstruktion und -struktur. Diese müssen ausreichend flexibel sein. Wenn diese passen, können in den Objekten andere Nutzungen realisiert werden als ursprünglich geplant. Die Grenzen des Machbaren sind dann eher wirtschaftlich zu stecken – mit Blick auf die Renditen.

HI HEUTE: Haben Sie Beispiele?

Andrew Henning Jones: Ein Beispiel hierfür ist der Umbau des Forum Steglitz aus den 1970er Jahren. Im Auftrag der REAL I.S. AG haben wir den architektonischen Umbau und die Neupositionierung des gesamten Gebäudes durchgeführt, der bis 2022 abgeschlossen wurde.

Dabei wurden 1.000 qm Fläche neu geschaffen und rund 10.000 qm ehemalige Einzelhandelsflächen in Büroflächen erfolgreich umgewandelt. Die Umstrukturierung des fünfgeschossigen Einkaufszentrums zu einem gemischt genutzten Gebäude erfolgte bei teilweise laufendem Betrieb und war eine planerische und logistische Herausforderung.

HI HEUTE: Welchen Nutzungsmix hat das Center nun?

Andrew Henning Jones: Der neue Nutzungsmix mit drei Geschossen für den Einzelhandel und zwei Geschossen der Büronutzung sowie modernen Fitnessflächen & Gastronomie belebt das Center. Um die Aufenthaltsqualität langfristig zu verbessern, wurde ein helleres und offenes Design gewählt. Im Zuge der Neustrukturierung des Centers hat Berlins größter und innovativster Edeka-Markt mit dem Namen Center „No. 1“ auf rund 5.000 qm Verkaufsfläche eröffnet.

Stefan Pehle: Zur Einzelhandels- und Büronutzung haben wir auch Flächen für die Freie Universität Berlin geplant. Auf 3.750 qm sind verschiedene Räumlichkeiten und zwei Sporträume entstanden. So ist das Forum Steglitz ein großartiges Beispiel dafür, dass auch Bildungseinrichtungen ihren Platz in einem gesunden Nutzungsmix finden. Dass wir erfolgreich mit unserer Arbeit sind, macht sich nicht nur dahingehend bemerkbar, dass das Forum Steglitz für den imAward 2024 in der Kategorie Projektentwicklung Bestand nominiert wurde, sondern und das ist viel wichtiger,  dass es wieder ein lokaler Anlaufpunkt geworden ist.

HI HEUTE: Was macht Handelsimmobilien heute erfolgreich? Wie sieht die Retail-Architektur der Zukunft aus?

Stefan Pehle: Das Credo Lage trifft beim Handel auch weiterhin zu. Nach wie vor entscheidet allen voran die Lage zusammen mit der Erreichbarkeit einer Handelsimmobilie über deren Erfolg. Mit Blick auf die Fläche werden Geschäfte zukünftig nur noch funktionieren, wenn das Gesamtkonzept im Zusammenspiel mit der Ware stimmt und so den Konsumenten vor Ort zum Kauf anreizt. Die innovative Edeka-Filiale im Forum Steglitz hat beispielsweise auch einen großen Synergieeffekt für die anderen Läden im Center.

Andrew Henning Jones: Bei innovativen Designkonzepten wird immer mehr auf die Emotionen der Kunden gesetzt. Auch hier ist die Identitätsbildung ein wichtiges Merkmal von Architektur. Im Tacheles hat vor rund einem halben Jahr Berlins modernste REWE-Filiale auf 3.300 qm sowie eine Rossmann-Filiale auf 1.100 qm eröffnet. Wir haben hier die Zugänge vom Erdgeschoss in das Untergeschoss inklusive der Passage als markantes Entrée entworfen und geplant. Die Fahrtreppe zu den Einzelhändlern, gestaltet in neutralen Tönen, Holzelementen und indirekter Beleuchtung, vermittelt Kunden ein entspanntes Gefühl beim Ankommen und Verlassen im sonst so hektischen Alltag – ein Highlight ist auch das integrierte Schaufenster.

Stefan Pehle: Ein weiteres Beispiel ist das Center „The Playce“ am Potsdamer Platz. Hier wurden wir im Rahmen der Modernisierung der ehemaligen Potsdamer Platz Arkaden bis 2022 für die Architektenleistungen der Leistungsphasen 2-5 beauftragt. Das Nutzungskonzept basiert auf sechs verschiedenen Themenbereichen. Es umfasst eine moderne Architektur mit zweistöckigen und dreistöckigen Fassaden, eine Markthalle auf 5.500 qm mit hochwertigen gastronomischen Angeboten sowie einem Mieter- und Branchenmix mit verschiedenen Konzepten. Der Manifesto Foodcourt mit seinen kulinarischen Highlights und Events strahlt hierbei positiv auf Wahrnehmung der übrigen Shops im Center aus.

HI HEUTE: Welche aktuellen Projekte im Handelsbereich kann Aukett + Heese vorweisen?

Andrew Henning Jones: Ein Beispiel ist das Projekt Kalle Neukölln, das 2021 mit dem polis Award in Bronze in der Kategorie „Reaktivierte Zentren“ ausgezeichnet wurde, wo wir unter anderem für die Ausführungsplanung zuständig waren.

HI HEUTE: Werden wir in Zukunft mehr Konversionen im Retailbereich sehen?

Stefan Pehle: Auf jeden Fall. Allerdings spielt das Thema der Umnutzung von Handelsflächen in Büro- und Verwaltungsflächen, das lange Zeit bis zur Corona-Pandemie ein Thema war, derzeit kaum mehr eine Rolle – vielmehr steht Wohnen im Fokus. Gleichzeitig ist das Bewusstsein der Einsparung von grauer Energie im Zusammenhang mit dem Thema ESG − den Kriterien und Rahmenbedingungen für die Berücksichtigung von Umwelt-, Nachhaltigkeits- und Sozialfragen − gestiegen. Dies hat zu einer stärkeren Bereitschaft geführt, bestehende Strukturen umzunutzen, anstatt sie abzureißen und neu zu bauen, als noch vor einigen Jahren. Ein gutes Beispiel dafür ist das Kaufhaus Jandorf in Berlin-Mitte. Nach einer langen Zeit des Leerstands haben wir den Auftrag erhalten es zu modernisieren und in Büroflächen umzuwandeln, wodurch es wieder zu einem lebendigen Ort in der Stadt geworden ist.

Andrew Henning Jones: Unser Anspruch ist es, im Rahmen von Refurbishments vorhandene Qualitäten zu identifizieren, zu stärken und neue Qualitäten hinzuzufügen – so kreieren wir starke Immobilien mit eigener Identität und Strahlkraft. Dabei achten wir von Beginn sowohl auf Kosten- als auch auf Genehmigungsebene auf die Realisierbarkeit.

HI HEUTE: Welche Rolle wird der stationäre Handel für die Quartiere in den Innenstädten der Zukunft spielen?

Andrew Henning Jones: Definitiv eine bleibende Rolle. Besonders wenn er nahtlos in Orte integriert ist, an denen Menschen ihre Freizeit verbringen und Dienstleistungen, Unterhaltung sowie Gastronomie genießen können. Die Innenstadtbereiche werden als „Versammlungsstätten“ sprich Begegnungsorte bleiben – dies umso mehr, wenn der Individualverkehr – also der Pkw – an Bedeutung verliert.

 


 


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