Innenstadt-Entwicklung

Die Treppenstraße in Kassel wurde vor 70 Jahren bewusst als Fußgängerzone gebaut und im November 1953 eröffnet. Foto: Stadtmuseum

Im November feiert die Fußgängerzone Treppenstraße als 300 Meter lange Verbindung zwischen dem Scheidemannplatz und der Innenstadt von Kassel ihren 70. Geburtstag. Doch schon jetzt gibt es eine Debatte darüber, wer wohl damals die Nummer eins war, wie die Ippen Verlagsgruppe in ihrem Medium HNA berichtet. Denn auch Kiel erhebt Anspruch darauf, vor 70 Jahren auf der gut doppelt so langen Holstenstraße eine Fußgängerzone eingerichtet zu haben.

Nun weiß jeder Fußballanhänger, dass sich Kassel und Kiel nicht wirklich streiten würden. Denn es gibt schon länger eine Fanfreundschaft zwischen Hessen Kassel und der Kieler Sportvereinigung Holstein, die als KSV sogar die gleiche Abkürzung hat wie der Kasseler Sportverein. Im Fußball hatten die Kieler in den vergangenen Jahren immer die Nase vorn. Höchste Zeit also, auf einem anderen Gebiet einmal in Führung zu gehen. Genau das ist bei einer Veranstaltung der Bundesstiftung Baukultur geschehen. Die sollte eigentlich im Ruruhaus stattfinden, was bekanntlich wegen der Unwetterschäden weiter gesperrt ist. Am anderen Ende der Treppenstraße fanden die Veranstalter dann im EAM-Hochhaus ein Ausweichquartier mit gutem Blick auf die ganze 50er-Jahre-Architektur rundherum. Mit dabei war auch Kiels Stadtbaurätin Doris Grondke. Die ging – um im Fußballbild zu bleiben – sehr offensiv in die Partie und hielt den Besuchern ein Plakat entgegen. Stolz verkündeten da die Nordlichter, dass sie die erste Fußgängerzone Deutschlands hätten. Da rieben sich unter anderem die ehemalige Präsidentin der Bundesarchitektenkammer Barbara Ettinger-Brinckmann und Kassels Baurat Christof Nolda verwundert die Augen.

Doch der erste Konter saß. Da muss man eigentlich auch nur mal in die Archive schauen. Die Treppenstraße als eines der Vorzeigeprojekte im Wiederaufbau wurde am 9. November 1953 eröffnet. Da protestierten in Kiel die Einzelhändler noch. Denn im Gegensatz zur Treppenstraße, die im weitgehend zerstörten Kassel neu angelegt wurde, gab es die Holstenstraße schon länger. Ein Teil davon wurde am 12. Dezember 1953 für den Autoverkehr gesperrt. Da war Kiel wirklich die Nummer eins. Trotzdem steht es in Sachen Fußgängerzonen jetzt 1:0 für Kassel. Ende des Jahres soll es allerdings eine Art Rückspiel in Kiel geben. Dann treffen sich Fachleute in der schleswig-holsteinischen Landeshauptstadt. Da geht es erneut darum, wie man Innenstädte beleben und Fußgängerzonen attraktiver gestalten kann.