COLLIERS: INVESTMENTMARKT BEENDET 2019 MIT DRITTBESTEM ERGEBNIS DER DEKADE
Die Zusammenlegung von Karstadt und Galeria Kaufhof war einer der größten Deals des Jahres. Foto: Signa
Nach Angaben von Colliers International wechselten 2019 in Deutschland Einzelhandelsimmobilien für 10,1 Milliarden Euro ihren Besitzer. Das Ergebnis lag damit leicht über dem Vorjahreswert von 9,8 Milliarden Euro und sieben Prozent über dem fünfjährigen Mittelwert.
Zum dritten Mal in dieser Dekade wurde nach dem Allzeitrekord von 2015 mit 16,0 Milliarden Euro und nach 2017 mit 12,0 Milliarden Euro die Zehn-Milliarden-Euro-Schwelle beim Transaktionsvolumen überschritten.
Dirk Hoenig-Ohnsorg, Head of Retail Investment bei Colliers International: „Obwohl wir im Einzelhandelssegment nicht die fulminante Jahresendrallye erlebt haben, die insbesondere das Bürosegment mit nie dagewesener Dynamik befeuert hat, behaupteten sich Retailobjekte als zweitstärkste Assetklasse am Gesamtmarkt. Der Marktanteil betrug 14 Prozent und war somit neben Büro die einzige Nutzungsart mit zweitstelligem Ergebnis.“
Robuste Rahmenbedingungen
Matthias Leube, CEO bei Colliers International Deutschland: „Deutsche Einzelhandelsobjekte bleiben trotz tiefgreifender struktureller Umbrüche im Retailsektor im Fokus der Anleger. Zur Beliebtheit der Assetklasse tragen zum einen die hierzulande sehr robusten Rahmenbedingungen des Einzelhandels bei, hinter der die starke, krisenresistente Binnenkonjunktur der letzten Jahre und die hohe Konsumneigung der Bevölkerung stehen. Gleichzeitig verfügt Deutschland über eine große Betriebstypen- und Standortvielfalt, die es Anlegern wie in kaum einem anderen Kernland ermöglicht, die Allokation des Kapitals so selektiv zu gestalten. Gerade ausländische Investoren zeigen sich davon überzeugt.“ So stammten 4,0 Milliarden Euro bzw. 39 Prozent des 2019 in Einzelhandelsobjekte investierten Kapitals von internationalen Anlegern. Nach Herkunftsländern differenziert ist Österreich mit 15 Prozent Marktanteil mit Abstand am stärksten vertreten. Dazu trug vor allem der größte Deal des Jahres in einer Größenordnung von über einer Milliarde Euro bei, bei dem die österreichische Immobilien AG Signa die Komplettübernahme aller Kaufhof-Warenhäuser in Deutschland vollzog.
Portfolio über Gesamtmarktniveau
Insgesamt steigerte sich der Anteil von Portfoliodeals über die letzten zwölf Monate um zwei Prozentpunkte auf 57 Prozent, was einem Transaktionsvolumen von 5,8 Milliarden Euro entsprach, und lag damit über dem Assetklassen-übergreifendem Vergleichswert von 29 Prozent. Mit 55 Prozent Marktanteil und einem Vorjahresplus von 14 Prozentpunkten fiel der Wert in den TOP 7 ebenfalls bemerkenswert hoch aus, dominieren hier doch in der Regel Einzelabschlüsse. Neben der letzten Etappe der Kaufhof-Übernahme trugen unter anderem auch zahlreiche innerstädtische Geschäftshäuser aus dem Millennium-Portfolio zu dieser Entwicklung bei. Die mit 280 Millionen Euro bzw. 265 Millionen Euro größten Einzeldeals des Jahres stammten aus dem ersten Quartal. Dabei handelt es sich um die Königsbau-Passagen in Stuttgart und das Geschäftshaus ZOOM in Berlin.
Aber auch ein anderer, in der zweiten Jahreshälfte prägender Trend sorgte gerade im Retailsegment für den Anstieg von Portfoliokäufen. Leube: „Über Minderheitsbeteiligungen an Immobilienbestandshaltern bzw. deren Portfolien ergriffen viele Investoren angesichts eines Mangels an nachfragerechten Produkten die Möglichkeit, zumindest indirekt an großen, diversifizierten Portfolien teilzuhaben.“ Signa war 2019 gleich dreimal Ziel solcher Beteiligungen. Nach einem Unternehmensanteilserwerb von jeweils fünf Prozent durch die Private Equity Fondsgesellschaft Madison sowie die Investmentgesellschaft FFP der Gebrüder Peugeot übernahm die CommerzReal für ihren Fonds Hausinvest einen 20-prozentigen Anteil an einem aus zehn Kaufhof-Warenhäusern bestehenden Paket.
Fonds aktivste Käufergruppe
Neben dieser Beteiligung sorgte auch der Erwerb des Millennium-Portfolios einschließlich der neun Einzelhandelsobjekte für rund eine halbe Milliarde Euro durch die CommerzReal und der Kauf des 13 Fachmarktzentren umfassenden Salt & Pepper Immobilienpaketes durch die Hahn-Gruppe dafür, dass sich offene Immobilien- und Spezialfonds als aktivste Käufergruppe mit einem Anlagevolumen von 3,2 Milliarden Euro und einem Marktanteil 32 Prozent präsentierten. Damit zogen sie noch im vierten Quartal an den Immobilien AGs vorbei, die sich mit 2,0 Milliarden Euro bzw. 20 Prozent Marktanteil auf Rang 2 deutlich vor den am Gesamtmarkt führenden Vermögensverwaltern und Assetmanagern mit 861 Millionen Euro Volumen und neun Prozent Marktanteil platzierten. Wegen der erwähnten Beteiligungen landeten die Immobilien AGs auf der Verkäuferseite mit 1,9 Milliarden Euro und 19 Prozent Marktanteil vor Opportunity und Private Equity Fonds (1,7 Milliarden Euro bzw. 17 Prozent) sowie Vermögensverwaltern und Assetmanagern (1,6 Milliarden Euro bzw. 16 Prozent) ganz vorne auf dem Treppchen.
Top-Lagen dominieren Geamtvolumen
Bei der Auswertung des Transaktionsvolumens nach Immobilientypen schafften es Geschäftshäuser in 1a-Lagen mit 4,5 Milliarden Euro Anlagevolumen bzw. 45 Prozent Marktanteil auf den Spitzenplatz. Stark nachgefragt blieben allerdings auch Fachmärkte bzw. Fachmarktzentren mit Lebensmittelanker, wie der im vierten Quartal abgeschlossene Verkauf des so genannten Superfood-Portfolios für rund eine Viertelmilliarde Euro belegt. Hierbei erwarb GPEP 68 Supermärkte für die Sparkassen-Versicherung und Helaba Invest von der Patrizia.
Abgeschlagen auf Platz 3 finden sich Einkaufszentren mit einem Marktanteil von 18 Prozent beim Volumen bzw. neun Prozent bei der Dealanzahl. Hoenig-Ohnsorg: „In diesem Segment prüfen Investoren ausgesprochen intensiv vor dem Erwerb. Gleichzeitig setzt sich zunehmend die Erkenntnis durch, dass über eine professionell begleitete Repositionierung revitalisierungsbedürftiger Shoppingcenter Wertsteigerungen zu heben sind, die in anderen Assetklassen kaum zu realisieren sind. In diesem Zusammenhang beobachten wir auch, dass sich das Interesse zu stärker mischgenutzten Objekten wie den bereits angeführten Königsbau-Passagen oder dem ZOOM bzw. ganzen Quartieren verlagert.“
Zehn Milliarden Euro Jahresvolumen erwartet
Leube: „Der Strukturwandel in der Einzelhandelslandschaft und die selektive Ausrichtung der Investoren wird sich auch 2020 fortsetzen. Vertragsverhandlungen werden vor diesem Hintergrund zunehmend Zeit in Anspruch nehmen. So werden wir 2020 auch im Retailsektor noch zahlreiche große Abschlüsse sehen, die wir schon längst im abgeschlossenen Jahr erwartet hatten. Prominentestes Beispiel ist der angekündigte milliardenschwere Verkauf von über 80 Real-SB-Warenhäusern durch die Metro für Anfang 2020. Aber auch großvolumige Einzelobjekte, die nach marktgerechter Revitalisierung in entsprechenden Lagen Wertsteigerungspotenzial bieten, werden den Besitzer wechseln“. Hoenig-Ohnsorg ergänzt: „Auch wenn Einzelhandelsimmobilien an der derzeitigen Hochphase des Investmentbooms nur partiell teilhaben, sehen wir das Erreichen der Zehn-Milliarden-Euro-Marke am Jahresende für realistisch, zumal das Rückschlagpotenzial durch Ausnahmedeals wie im Bürosegment vergleichsweise gering ist.“
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