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23. Juni 2022

Innenstadthandel kommt keineswegs zum Erliegen

COMFORT-ZWISCHENBILANZ FÜR LADENLOKALE UND GESCHÄFTSHÄUSER
Die Einzelhändler in den Innenstadtlagen haben sich trotz schwieriger Zeiten laut COMFORT bisher ganz gut geschlagen. Symbolbild: Pixabay / Bruno

Olaf Petersen, Geschäftsführer und Chefresearcher bei COMFORT, meldet sich zur Jahresmitte mit einer Zwischenbilanz zum Einzelhandel und dessen Immobilien zu Wort. Der Fokus ist auf das Vermietungsgeschehen in den deutschen Einkaufsstädten und auf die Entwicklung des Investmentmarktes gerichtet.

Nachdem beinahe die kompletten Jahre 2020 und 2021 durch die Corona-Pandemie und die damit einhergehenden Einschränkungen geprägt waren, ist das Virus in den vergangenen Monaten zwar immer noch existent, aber zunehmend in den Hintergrund der öffentlichen Diskussion getreten. Dies liegt laut Petersen zum einen am Wegfall der Beschränkungen für Einzelhandel und Gastronomie, aber auch an den neuen Ängsten, welche die Ukraine-Krise hervorrufen. Stark steigende Preise trüben die Verbraucherstimmung signifikant ein.

Dabei, sagt Olaf Petersen, hätten sich die Einzelhändler in den deutschen Innenstädten in dieser Gemengelage bislang offensichtlich insgesamt ganz ordentlich geschlagen. Bisher profitierten diese stärker von den ausgelaufenen Corona-Bestimmungen und der Normalisierung der Shopping-Möglichkeiten, als sie durch neuerliche Verunsicherung durch den Krieg in der Ukraine und die starke Inflation beeinträchtigt würden. Nach zwei Jahren Corona sei das Bedürfnis nach einem echten Shopping-Bummel in Kombination mit privaten Treffen, Essengehen, Kino- oder Theater-Besuch stark ausgeprägt.

Stationärer Handel vs. Onlinehandel

Offensichtlich, so Petersen, werde der eine oder andere zuvor zwangsläufig online getätigte Einkauf nunmehr wieder stationär realisiert. So liegen laut Statistischem Bundesamt die im ersten Tertial 2022 generierten Online-Umsätze nach der Rekordentwicklung der Jahre zuvor immerhin um rund sieben Prozent nominal beziehungsweise etwa elf Prozent real unter den entsprechenden Vorjahresumsätzen. Zum Vergleich: Die Umsätze in der durch den Lockdown besonders gebeutelten stationären City-Einzelhandels-Leitbranche Bekleidung, Schuhe, Lederwaren haben sich im gleichen Zeitraum mehr als verdoppelt - mehr als +125 Prozent im Vergleich zu dem außerordentlich schwachen Lockdown-Niveau des Vorjahres. Zum innerstädtischen Shopping-Verhalten, sagt Petersen, sei ferner anzumerken, dass die Passantenfrequenzen in den Top-Einkaufslagen sich aktuell zumeist noch nicht wieder auf dem Niveau von vor Corona bewegen würden. Diese hätten zwar nach den langen Lockdown-Phasen wieder erheblich aufgeschlossen. Jedoch häufig in einer Größenordnung, die sich noch zwischen zehn und 20 Prozent unter dem 2019er Niveau bewege. Als positiv für den Einzelhandel sei zu konstatieren, dass der Durchschnittsbon in der Regel übergreifend deutlich höher ausfiele als noch vor Corona.

 

Ambivalente Entwicklungen

Für die Entwicklung des innerstädtischen Handelsimmobilienmarktes ergibt sich vor diesem Hintergrund für das erste Halbjahr 2022 ein ambivalentes Ergebnis. Positiv für die Vermietung, kritisch, was den Investmentmarkt angeht. „Dem Vermietungsmarkt kann attestiert werden, dass sich die bereits im vergangenen Jahr begonnene Marktstabilisierung weiter fortgesetzt hat“, sagt Olaf Petersen. Abgesehen von Großflächen ab circa 1000 Quadratmetern habe die Flächennachfrage wieder merklich zugelegt. In der Folge seien nunmehr bei den gängigen kleineren und mittelgroßen Ladenlokalen eine wieder wachsende Zahl von Abschlüssen und in der Folge auch eine Bodenbildung bezüglich der zu zahlenden Mieten festzustellen. Nachdem diese in der Hochphase der Pandemie – abhängig von Stadt, Lage und Objekt - in der Regel signifikant bis stark gesunken seien, gehe es nun ausgehend von dem im Jahr 2021 erreichten Niveau tendenziell nicht mehr weiter nach unten.

Luxus zeigt sich krisenfest

Teilweise, erklärt Olaf Petersen, geht es von hier aus auch wieder nach oben. Dies gelte insbesondere für das Luxus-Segment, das sich auch in den vergangenen beiden Jahren als relativ krisenfest erwiesen habe. Den Hintergrund dieser positiven Entwicklung auf dem Vermietungsmarkt bilde vor allen Dingen ein deutlich gewachsenes Vertrauen der Einzelhändler und Gastronomen - und damit der potenziellen Mieter - in ihre eigenen Geschäftsmöglichkeiten. Und zwar sowohl rein stationär - durch die erfolgte Rückkehr der Konsumenten - aber auch im Zusammenspiel mit dem in der Corona-Zeit forcierten Online-Geschäft. Zudem hätte sich auch auf der Eigentümerseite die Erkenntnis durchgesetzt, dass die Mieten wohl nicht wieder ohne weiteres auf das Vor-Corona-Niveau zurückkehren werden. Die Gesprächsbereitschaft und die Flexibilität auf Vermieterseite sind vor diesem Hintergrund deutlich gewachsen.

Zeitenwende bei Immo-Preisen

„Auf der Investmentseite scheint die durch die enorm gewachsene Inflation induzierte Zinswende auch eine Zeitenwende bei der Entwicklung der Immobilienpreise eingeleitet zu haben“, stellt Olaf Petersen fest. Dies gelte grundsätzlich für alle Asset-Klassen - also eben auch für innerstädtische Handelsimmobilien. Die Kaufpreisfaktoren waren, befeuert durch die niedrigen Zinsen, auch vor dem Hintergrund von Corona in 2020/21 für die Top-Städte noch relativ stabil geblieben und in den weniger großen Städten nur moderat abgebröckelt. „Nachdem sich aber infolge des Zinsanstiegs die Kosten für Fremdkapital nun in wenigen Monaten mehr als verdoppelt haben“, sagt Petersen, hätten sich die über die Finanzierung der Investitionen möglichen Leverage-Effekte deutlich reduziert beziehungsweise sogar ins Gegenteil verkehrt. In der Folge seien die realisierbaren Kaufpreisfaktoren am Markt deutlich unter Druck geraten.

Nachverhandlungen bei Deals

Dies wirke sich freilich auch auf bereits im ersten Quartal begonnene Ankaufsprozesse aus. Hier fänden bei diversen Deals gegenwärtig Nachverhandlungen statt, da ausgehend von den veränderten Rahmenbedingungen die abgegebenen Kaufpreisgebote von Käuferseite heute kaum mehr zu halten seien. Die absehbare Entwicklung mit bis auf weiteres noch weiter steigenden Zinsen lasse zudem erwarten, dass die Kaufpreisfaktoren weiter unter Druck geraten und die Ankaufsrenditen entsprechend ansteigen werden. „Diese generelle Entwicklung bevorteilt tendenziell natürlich reine Eigenkapital-Investoren“, sagt der COMFORT-Chefresearcher, „wie beispielsweise aus dem Family-Office-Sektor.“ Die sich aus dieser Situation für solche Käufer ergebenden Chancen dürften den allgemeinen Markttrend aber nur abschwächen und nicht stoppen.

Fokussierung auf sehr gute Lagen

Abschließend, erklärt Olaf Petersen, lasse sich konstatieren, dass der Handel in den Innenstädten keineswegs zum Erliegen gekommen sei, wie dies zu Beginn der Pandemie vielfach prognostiziert worden war. Vielmehr lasse sich eine weitere Fokussierung auf sehr gute Lagen an ebenso guten Standorten konstatieren. „Für solche Flächen werden die Mieten mit großer Sicherheit nicht mehr unter das aktuelle Marktniveau sinken. Apropos Sicherheit: Mit Sicherheit lässt sich gegenwärtig allgemein wenig sagen, vielmehr ist die intensive Auseinandersetzung mit den individuellen Gegebenheiten angezeigt. Klar ist nur, dass vor dem Hintergrund im langfristigen Vergleich gesunkener Mieten sowie gleichzeitig steigender Zinsen und abnehmender Kaufpreisfaktoren die absoluten Preise für Handelsimmobilien aktuell unter Druck geraten.“

 

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