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27. September 2022

Innenstädte: Kein Wandel ohne Dialog

IFH KÖLN HAT EXPERTEN VERSAMMELT
Vitale Stadtzentren sind Ziel des Projektes „Stadtlabore“. Foto: Pixabay / Makalu

Die deutschen Innenstädte stehen nicht erst seit gestern vor großen Herausforderungen – dies hat sich durch die unvorhersehbaren Ereignisse in den vergangenen Jahren noch einmal deutlich verschärft. Sich wandelnde Anforderungen der Besucher und Stakeholder an die urbanen Zentren haben nicht zuletzt dafür gesorgt, dass sich Aufgaben und Bedürfnisse zur Weiterentwicklung dieser zunehmend potenzieren.

Besuchsmotive für den Gang in die Innenstadt bekamen neue Schwerpunkte. Themen, die gleichermaßen die Kommunen, den Handel und die Immobilienwirtschaft betreffen. Gesucht sind daher Ideen zur langfristigen Belebung der Innenstädte. Geeignete Werkzeuge werden aktuell in dem vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz geförderten Projekt „Stadtlabore für Deutschland: Leerstand und Ansiedlung“ vom Marktforschungs- und Beratungsunternehmen IFH KÖLN in Zusammenarbeit mit 14 Modellstädten und weiteren Partnern geschaffen – mit einer digitalen Plattform für ein nachhaltiges Ansiedlungsmanagement, das von den Kommunen gesteuert wird, in das aber alle Innenstadtakteure eingebunden sind. Im Projektbeirat sitzen Vertreter aus Ministerien, Kommunen und der Immobilienwirtschaft. Ihr gemeinsames Ziel: lebendige Innenstädte für alle.

Wie kann der Wandel gelingen?

Die Grundsatzfragen lauten: Wie sollen sich die Standorte weiterentwickeln, und wie kann der Wandel gelingen? Über die ersten Ergebnisse des Projekts und über Visionen für die Innenstädte sprach nun eine Expertenrunde. „Ohne Dialog und Perspektivwechsel können wir keine langfristigen und nachhaltigen Lösungen für die Innenstädte finden“, sagt Dr. Eva Stüber, Mitglied der Geschäftsleitung des IFH KÖLN und Mitinitiatorin des Projekts. „Es gilt, einen gemeinsamen Nenner zu finden, einem gemeinsamen Leitbild für den jeweiligen Standort zu folgen und damit geschlossen in die Zukunft zu gehen.“ Diskutiert wurde in der Expertenrunde die Bedeutung von Zielbildern, die Relevanz von Daten und Digitalisierung sowie über Visionen und Lösungsansätze. „In vielen Stadtzentren herrscht wenig Leben. Wir müssen uns fragen: Was fehlt den Menschen vor Ort?“, beschreibt Dr. Eva Stüber eine Kernfrage. Eine Bestandsaufnahme auf Basis der Befragung von 10.000 Personen zwischen 18 und 69 Jahren im Mai 2022 ergab, dass lediglich 17 Prozent der Befragten echte Innenstadtmuffel sind und 22 Prozent nur kommen, wenn sie ein bestimmtes Ziel haben. Aber: 40 Prozent der Konsumenten würden sich selbst als verhinderte Innenstadtfans beschreiben und stellen damit das größte Potenzial für die Innenstadtaktivierung.

Motivationen schaffen

Was würde sie also motivieren, sich häufiger auf den Weg in die Innenstadt zu machen? Laut Umfrage sollten folgende Nutzungskonzepte im öffentlichen Raum selbstverständlich sein: Verweilzonen (51 Prozent), E-Ladestationen (34 Prozent), Trinkwasserbrunnen (30 Prozent), Spielplätze (27 Prozent) und WLAN sowie digitale Lademöglichkeiten (27 Prozent). Zur Umfrage gehörte ebenfalls die Skizzierung der idealen Innenstadt: Diese besteht für die Teilnehmer aus einer Mischung aus Shopping und Einkaufen (28 Prozent), alltäglichem Einkauf (19 Prozent), Essen und Ausgehen (17 Prozent) und weiteren Angeboten wie Arbeiten und Lernen (16 Prozent), Kunst und Kultur (fünf Prozent) oder Austausch und Begegnung (fünf Prozent). „Hierbei zeigt sich, dass shoppen und einkaufen weiterhin einen entscheidenden Stellenwert haben werden. Allerdings sind die Anforderungen ganz andere. Der Aspekt der Nachhaltigkeit und des bewussten Einkaufens wird eine noch größere Rolle spielen. Um vor allem auch die jüngeren Zielgruppen abzuholen, werden neue Konzepte in die Innenstadt Einzug halten müssen“, erläutert Stüber. Hierzu gehören Unverpacktläden, die für 28 Prozent der Befragten und sogar 36 Prozent der 18- bis 24-Jährigen selbstverständlich sein sollten, oder urbane Hofläden, Second-Hand-Tauschbörsen und Repair-Cafés. Laut Dr. Julian Petrin, Gründer von urbanista, einem der führenden Unternehmen für Stadtentwicklung und urbane Zukunftsstrategien in Deutschland, ist die menschen- und nutzerzentrierte Innenstadt das Konzept der Zukunft: „Es ist entscheidend, den Wandel und die Ideen nicht nur aus der Fachbrille zu betrachten, sondern den Fokus stärker auf die Bedürfnisse der Besuchenden zu lenken. Ein Schlüssel könnten hybride Orte sein, die für mehr als nur eine Sache stehen. Um diese Orte zu schaffen, braucht es eine neue Form des Kuratierens der Innenstadt. Und es bedarf neuer Instrumente, die helfen, die Innenstadt aus dem Schraubstock der Renditeerwartungen zu befreien.“

 

Vielfalt ist gefragt

Dabei wird die Durchmischung der Nutzungsbausteine sowie die Vielfalt in den Zentren einen entscheidenden Faktor darstellen, weiß auch Tanja Kohnen, Referentin des Deutschen Städtetages: „Eine Stadt, die zum Verweilen einlädt, ist das ausgesprochene Ziel. Mit Handel, Gastronomie, Kultur und Freiräumen. Und natürlich auch mit Arbeiten, Wohnen und Handwerk. Die Innenstadt ist so auch künftig ein Ort der Zukunft für das Zusammentreffen der Menschen. Eine moderne Agora. Die Städte wollen die Zukunft der Innenstädte gestalten. Es braucht strategische Köpfe und gute Rahmenbedingungen für gute Konzepte und dem gemeinsamen Wandel der Innenstädte.“ Dieses gemeinsame Ziel wird oftmals anhand eines städtischen Leitbildes definiert. Dabei gilt es allerdings individuell zu agieren, erläutert Frank Schuffelen, Vorstandsvorsitzender der ANWR GROUP: „Ein alleiniges Zielbild wird nicht reichen, Uniformität wird nicht funktionieren. Vielfältigkeit wird das Stadtbild der Zentren prägen. Das beinhaltet damit auch eine standortspezifische Strategie, die zu den Bedürfnissen der Menschen vor Ort passt und auch zu der jeweiligen Stadtidentität.“

Eigene Vision kreieren

Um den Akteuren in den Innenstädten, seien es Eigentümer, Anbieter oder auch Projektentwickler, eine Orientierung, einen Rahmen für Handlungen und Konzepte zu geben, seien neben einem Leitbild weitere Faktoren entscheidend, sagt Lothar Schubert, geschäftsführender Gesellschafter von DC Developments: „Eine Stadt muss eine Haltung haben. Eine eigene Vision für ihre Innenstadt, mit Vorstellungen zu Nutzungen, zur Qualität von Gebäude und Außenflächen. Dafür gilt es dann, verschiedenste Instrumente einsetzen zu können. Für die Akteure in der Stadt sollte es eine verlässliche Haltung und Vision geben, an denen sie sich orientieren können. Das wird auch Investoren Zuversicht geben. Ein Vorkaufsrecht ist gerechtfertigt, wenn dessen Ausübung genau aus dieser Vision heraus die Weiterentwicklung ermöglicht. Quasi als konsequente Umsetzung der Vision. Um herauszufinden, wie die Vision der Städte jeweils aussieht, sollten sich Städte von ihren Besuchern bewerten lassen. So verstehen sie, was gewünscht ist. So kann Innenstadt wieder zu einem gewollten Ort werden.“

Weiterentwicklung als Lernprozess

Die Weiterentwicklung der Innenstädte sei auch ein Lernprozess, unterstreicht Dr. Eva Stüber: „Um wieder mehr in die Handlungsfähigkeit zu kommen, Daten und Wissen zu nutzen, in den Austausch zu gehen, müssen Arbeitsweisen, Kommunikationswege und Prozesse verändert werden. Dafür muss der Dialog gefördert und mehr gegenseitiges Verständnis aufgebracht werden. Auf diesem Wege gilt es, Dinge auszuprobieren und sich zu erlauben, Fehler zu machen. Vielleicht auch mal einen Schritt zurückgehen zu müssen, in der Entwicklung neuer Lösungsansätze. Nur so können wir gemeinsam die Zukunft der Innenstädte gestalten.“ Einig sind sich die Experten, dass aufgrund der ökonomischen Verpflichtungen Instrumente nötig sein werden, die die Realisierung der Ziele stützen. Die Möglichkeiten reichen von Vorkaufsrechten der Städte für Objekte an wichtigen Standorten bis zu Quartiersgenossenschaften, die vielfältige Branchenmischungen im Handel möglich machen und unterschiedliche Mieterträge ausgleichen.

 

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