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03. Mai 2017

Sollten Shopping Center mehr in Sozialrelevanz investieren?

WIE MAN VERNETZUNG UND ERLEBNISWIRTSCHAFT AUFS NÄCHSTE LEVEL HEBT, WAR EIN ZENTRALES THEMA DER ICSC EUROPEAN CONFERENCE IN WARSCHAU.
Viel beachteter Branchentreff: die ICSC-Konferenz in Warschau. Foto: ICSC
Samsung-Erlebnisstore in Manhattan. Foto: Chatterstone
„Stores, die nur storen (= lagern), sind tot“, verdeutlicht das Wortspiel des Retail Futurist Howard Saunders, dass die Zeit reiner Produktexponate passé ist. Dann ruft er das Zeitalter des Ichs aus. Weil Mobiltelefone Kunden daran gewöhnten, dass sich der Einkaufskosmos um sie dreht, müssen Handelsorten lernen, Egos zu hoffieren. Erlebnis, nicht Abverkauf zählt. Neu ist die Erkenntnis keinesfalls. Erschreckend ist nur, welche Ausmaß das annimmt.

 

Im Nikes Flagship Soho probiert man seine selbstdesignten Schuhe gleich auf dem Court aus; an der 5th Avenue experimentiert Adidas mit einem Stadionkonzept und Toms Flagship in L.A. ist ein Kaffeeladen, der auch Schuhe verkauft. Getoppt wird der Trend zu mehr Vergnügen und weniger Waren von Samsung Electronics „Technikspielplatz und Kulturmagnet“ in Manhattan. Auf 5100 Quadratmeter gibt es viel zu erleben, aber nichts zu kaufen! Ein zweiter Store ist fürs Torontos Eaton Center angekündigt. Erlebnis, nicht Rendite pro Quadratmeter zählt Saunders tröstliche Nachricht: Einkaufsorte müssen nicht unter Frequenzmangel leiden, sofern sie einige Regeln beherzigen. Voll ist es immer dort, wo Hippes auch fürs kleine Geld geboten wird. Oder auf Streetfoodmarkets, wo Lebensmittelliebhaber mit Hingabe, Begeisterung und Expertise das Beste der jeweiligen Art feilbieten. Außerdem wächst eine neue Generation Händler heran, die Marken wahrhaft erlebbar macht. Gut inszeniert wie im Dyson Flagshipstore London, der Modelle wie im Wissenschaftsmuseum präsentiert, spendiert man auch schon mal 300-Pfund für DEN Fön aller Föne. Gleiches gilt für Lynchburgs Pop-up Manhattan. Zum Geburtstag Jack Daniels vermittelte der die Magie der Marke. Eine stilechte Bar, Barbier, Bäckerei & Co versetzte Besucher 150 Jahre zurück und ließ den Absatz namengebrandeter $-100-Whiskyfässern in der Gegenwart steigen.

Wie sich derlei Sozialspielereien fürs Anlageprodukt Shoppingcenter rechnen, dazu äußert sich der Handelsvisionär Saunders nicht. Dass sich viele Investoren künftig mit weniger Rendite zufriedengeben müssen, war, verklausuliert ausgedrückt, eine Erkenntnis des Panels „Herausforderung und Unsicherheit in unsicheren Zeiten“. Jedoch zog sich nicht das Pekuniäre als roter Faden durch das ICSC-Kongressprogramm, sondern Inspirationen, wie Malls und Marken Konsumenten weiterhin magnetisieren. Digitale Kundenversteher Ein wichtiger Baustein ist die Professionalisierung der Sammlung und Analyse von Daten. Nur so lernt man seine Kunden wirklich kennen. Didier Gasté schlug vor: „Mach die Kreditkarte zu einer der Kundenloyalität“. Die passende Technik bietet das von ihm gegründete Unternehmen Transaction Connect. Vereinfacht gesagt, wertet es Kartenzahlungen detailliert aus und verhilft so Shoppingcenter-Betreibern zu profundem Wissen: Wie oft kommen Kunden? Wofür und in welchen Läden geben sie Geld aus? Erprobt wurde das Verfahren des französischen Start-Ups von der Galerie Lafayette und Unibail-Rodamco.

In die digitale Optimierungskerbe schlug auch ECE-Chief Investment Officer Henrie W. Kötter. Er zeigte, wie sich Deutschlands Marktführer die Digitale Mall vorstellt. Als 3-D-Modell gespiegelt und mit Heat-Maps versehen, erschafft man eine solide Datenbasis, um den Betrieb zu optimieren: Frequenzen werden prognostizier- und steuerbar, Aspekte wie Sauberkeit lassen sich durch den gezielten Einsatz von Reinigungsrobotern steigern. Einen weiteren Kniff, um im Kampf um Datenmaterial die Nase vorn zu haben, zeigte Pascale Bonnard vom Nutzererlebnisspezialist A-Mano. Das Unternehmen programmiert Apps der neuen Generation. Weil die kein Download mehr benötigen, greifen nachweislich mehr Menschen auf die Inhalte zu. Alles, was es auf Handelsseite bedarf, ist ein ladeneigenes Wifi oder eine Webseite mit entsprechendem Link. Vom Point of Sale zum Ponint of Engagement Daten allein genügen nicht, um Orte und Marken soziale Relevanz einzuverleiben. Warum also nicht von Konzepten lernen, die im Netzwerken und Durchmischen geübt sind? Das gilt für „The Student Hotels - not just for students“. Geboten wird ein andersartiger Mix aus Hotel, Wohnen und Leben. Vom schottische Unternehmer Charlie MacGregor aus der Taufe gehoben, vermietet das ’etwas andere Hotel’ Zimmer sowohl nächteweise an Privat- und Geschäftsreisende als auch monatelang an Studenten. Der Clou: Egal ob Lang- oder Kurzzeitmieter, mit dem Bett mietet man sich in eine Sozialplattform ein. ’Voll beauty’ gestaltet sind Gemeinschaftsküche, Open Space Desks, Bibliothek, Fitnessraum oder Bar, in der originelle Events Treffanlässe schaffen. „Wir nutzen Design, um Verhalten zu stimulieren“, erklärt CEP MacGregor. Nach den Niederlande, Paris, Barcelona und Florenz wird kommendes Jahr ein Hotel am Berliner Alexanderplatz eröffnen.

Shopping Center als Anbieterplattform haben ihre Konzepte zu überdenken, aber auch Händler haben Hausaufgaben in Sache Sozialrelevanz zu machen. Hier gibt es erfreuliche Entwicklungen. Vor sechs Jahren stimmte das Detroiter Unternehmen Shinola eine erfolgreiche Ode ans Handwerk an. Sie begann mit Uhren und Fahrrädern ’Made in USA’ und dehnte sich auf Lederwaren, Schmuck und Haustier-Accessoires aus. Der gemeinsame Nenner: Allesamt erzählen die Geschichte von Authentizität, Transparenz und amerikanischem Erbe. „Es geht um eine Bewegung, nicht um konkrete Produkte“, bricht Shinola-Chef John Argento eine Lanze für Markenelastizität und stellt weitere Produkte in Aussicht. Das, gerahmt mit Gimmicks wie hauseigener Cola, Individualisierbarkeit von Uhren oder Handwerkern, die abwechselnd ihr Können im Laden vorstellen, macht den Marken-Kult aus. 2018 wird Shinola ein Hotel eröffnen, aber Details will Argento noch keine verraten. Soziales Umrüsten Ein weiteres gelungenes Beispiel sind die Cappuccino-Trucks von Change Please London. Heute gibt es Kaffeebuden wie Sand am Meer. Aber diese fanden einen Weg hervorzustechen. Wer sein italienisches Heißgetränk hier kauft, trägt dazu bei, einem Wohnungslosen den Weg aus der privaten Misere zu bahnen. Denn die an den Espressomaschinen amtierenden sind durchs soziale Netz Gefallene, die Change Please zu Baristas ausbildet. Ein halbes Jahr bekommt der Mensch Ausbildung, Kost und Logis gestellt. Dann muss er sich auf dem freien Arbeitsmarkt bewerben, um den Platz für andere in Not Geratene freizumachen.

Kaffeekonsum kann zum Sozialanliegen werden, Schminken auch! Wie Make-Up Abermillionen Frauen zur Gemeinschaft zusammenschweißt, zeigte Delphine Leblanc, Global Retail Direktor bei „NYX professional Make-Up“. Die 2014 von L’Oréal gekaufte Marke wurde dank einflussreiche Blogger und Grasroot-Marketing zur schnellwachsensten Farbkosmetik. 1999 in den USA gegründet, ist die erschwingliche Profischminke seit 2010 in Europa erhältlich. Unter L’Oréal-Flagge nimmt die Expansion Fahrt auf. Anfangs in Deutschland nur bei Douglas vertreten, ist die Marke seit 2016 bei DM erhältlich und dehnt sich allmählich auf Rossmann, Müller und Budnik aus. Kürzlich eröffnete der Kölner Flagship, am 14.6.2017 der im CentrO.

 

Ob in Blogs, auf Videokanälen oder in handverlesenen Läden – jeder Kanal dient Nutzerinnen als Werkzeug. Sie ermächtigen zur Eigenkreation, Inspiration und Tricks auszutauschen oder mit gehypten Schminkstars zu chatten. In Sozialmedien helfen dezente Produkt-Ads, passende Eye-Liner und Lidschatten zum favorisierten Entwurf zu finden. Im Laden sieht die Kundin alle je veröffentlichten Stylings zum Produkt, sobald sie es unter den Scanner hält. Landesweite Schminkwettbewerbe befeuern die Kreationsfreude. Absolutes Ladenhighlight sind Besuche von Influencern, die, dem Video nach, bei NYX-Fans ähnlich euphorische Verzückung auslösen wie einst die Beatles.
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