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13. August 2021

Center-Umnutzung: Aus der Not eine Tugend machen

EXKLUSIVER GASTBEITRAG VON MARCUS BUDER, BEREICHSLEITER GEWERBLICHE IMMOBILIENFINANZIERUNG BEI DER BERLINER SPARKASSE
Marcus Buder, Bereichsleiter Gewerbliche Immobilienfinanzierung bei der Berliner Sparkasse

Die Geschichte des Forum Steglitz in Berlin darf wohl als exemplarisch für die erste Generation der Shopping Center in deutschen Metropolen gelten. Als es 1970 öffnete, ließ sich die begeisterte Menge schon 20 Minuten vor der eigentlichen Eröffnung nicht länger zurückhalten, überrannte die Ordner und stürmte das Center. Damals war es eines der ersten Shopping Center in Deutschland und wurde zum Anziehungspunkt für viele Berlinerinnen und Berliner. Doch fünf Jahrzehnte später war das Forum Steglitz in die Jahre gekommen und hatte nicht mehr mit andrängenden Menschenmassen zu kämpfen, im Gegenteil. Einst modern und am Puls des Einkaufsverhaltens, war es mittlerweile nicht mehr auf der Höhe der Zeit.

 

Dieses Problem haben heute viele Shopping Center, nicht zuletzt weil der boomende Online-Handel mehr und mehr Marktanteile gewinnt. Die Nachfrage nach Flächen im klassischen stationären Einzelhandel ist gerade an weniger zentralen Standorten deutlich gesunken, der Leerstand zum Teil groß. Besonders in den oberen Etagen der Center nimmt die Kundenfrequenz oftmals deutlich ab und Geschäftsräume bleiben trotz steigender Kaufkraft zunehmend leer. Die Häuser und ihre Eigentümer sind deshalb gefragt, mit neuen Konzepten gegenzusteuern – zum Beispiel mit Umnutzungen.

Mischnutzung ist die Zukunft der Shopping-Center

Denn während die Nachfrage nach Einzelhandelsflächen gesunken ist, ist die nach Büroflächen größer denn je: Vor Pandemieausbruch, im Jahr 2019, lag der Leerstand in dieser Nutzungsart in Berlin bei nur etwa 1,5 Prozent. In zentralen Lagen waren die Mieter bereit, bis zu 40 Euro pro Quadratmeter zu zahlen. Dies hat sich grundsätzlich auch durch Corona nicht verändert. Der Markt kann den Bedarf nach Büroflächen in Berlin derzeit einfach nicht decken. Für Shopping-Center mit Freiflächen kommt das wie gerufen: In teils hervorragenden Lagen der Stadt können sie aufstrebenden Unternehmen den nötigen Platz zum Wachsen geben und neue Mieter an sich binden.

Im Bemühen um Talente versuchen inzwischen viele Arbeitgeber, ihren Mitarbeitenden kreative Arbeitsplätze zu bieten, zu denen auch Einzelhandels-, Gastronomie- und Dienstleistungsangebote gehören. Mit großem Aufwand schaffen sie ihren Angestellten eine Umgebung, die es in Shopping Centern schon längst gibt. Hier lässt sich direkt ansetzen: Warum Handel und Gastronomie zu den Büros tragen, wenn man doch genau dort Büros anbieten kann, wo es diese Infrastruktur bereits gibt?

Büros, Arztpraxen, Fitnesscenter – der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt

Auch für um Mieter konkurrierende Coworking-Spaces ist die Lage Shopping Center attraktiv. Teil so einer neuen Nutzungsmischung können außerdem Supermärkte, Arztpraxen, Erholungs- und Fitnessangebote und weitere Dienstleister wie Frisöre sein.

Zwar ist nicht jede Einzelhandelsfläche als klassischer Büroarbeitsplatz geeignet. Für viele Flächen sind umfangreiche Umbaumaßnahmen bei Raumaufteilung, Gebäudetiefe und für mehr Tageslichteinfall nötig. Doch die Investition hat viel Potential. Die Integration von Büroflächen in Einkaufszentren könnte in Deutschland eine neue Dimension erreichen, wenn wir von Konzernen im Silicon Valley lernen.

 

Neben der Nutzungsmischung kommt auch eine vollständige Umnutzung ganzer Etagen infrage. Dabei würden alle Handelsflächen fortan als Büroflächen genutzt werden. Handel und Gastronomie können ergänzend, etwa im Erdgeschoss, integriert werden. Ebenfalls vielversprechend könnte eine Umnutzung als Gesundheitszentrum oder Ärztehaus sein, mit Apotheken, Sanitätsanbietern und unterschiedlichen Arztpraxen, die sich Infrastrukturen wie Wartezimmer, Behandlungsräume oder Geräte teilen. Dieses Konzept wurde unter anderem im Märkischen Zentrum in Berlin mit rund 30 Arztpraxen und Gesundheitsdienstleistern erfolgreich umgesetzt – mitfinanziert von der Berliner Sparkasse als Konsortialpartner.

Eine komplette Büroetage oder ein minimalinvasiver Eingriff

Auch deutlich weniger invasive Eingriffe können das klassische Shopping Center wieder attraktiver machen. So können Center etwa durch die Vergrößerung und Verbesserung des Gastronomieangebots neu belebt werden – vor allem bei vielen Bürobeschäftigten in der näheren Umgebung. Mall-Betreiber können auch Sortiment-Cluster bilden, um ihrem Publikum mehr Orientierung und sich ein Alleinstellungsmerkmal zu verschaffen.

So ist auch das Tegel Quartier in der Gorkistraße – als ein Beispiel von vielen, nicht nur in Berlin – gerade dabei, sich neu zu erfinden und dem neuen Markt und Einkaufsverhalten anzupassen. Seit 2018 wird die in den 1970er-Jahren entstandene Fußgängerzone nebst Markthalle als urbane Einkaufsstraße mit integrierter Bürolandschaft neugestaltet, die Berliner Sparkasse ist als Konsortialführerin an der Finanzierung beteiligt. Die Büroflächen wurden vergrößert, 28.000 Quadratmeter davon hat sich zum Beispiel Deutsche Rentenversicherung gesichert. Die dort arbeitenden Büroangestellten werden die Einzelhandels- und Nahversorgungsflächen wohl deutlich beleben.

Auf diese Weise wird an Shopping-Orten aus der Not eine Tugend und gleichzeitig entsteht Nachschub an dringend benötigtem Büroraum für Berlin.

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