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Dr. Rainer Burbulla (Langguth & Burbulla Rechtsanwälte) und André Stromeyer (Geschäftsführer HBB Centermanagement) haben sich für unser neuestes Buch „Trendsetter Multi-Use – Vielfalt für die Fläche" verabredet und ein Gespräch im Interviewstil über die Umnutzung von Warenhäusern und die damit verbundenen Chancen und Herausforderungen geführt.
Dr. Rainer Burbulla: Die Umnutzung von Warenhäusern ist aktuell ein besonders spannendes Thema, vor allem im Hinblick auf die zunehmenden Leerstände im Einzelhandel und die Herausforderungen der Stadtentwicklung. Als Jurist interessieren mich vor allem die rechtlichen Aspekte dieser Thematik. Du, als Projektentwickler, hast sicherlich viele praktische Erfahrungen mit der Umsetzung solcher Projekte. Wie geht ihr bei der Umnutzung von Warenhäusern vor?
André Stromeyer: Dass in vielen Innenstädten immer mehr Leerstände zu verzeichnen sind, ist nicht neu. Hohe Umsätze im Online-Handel, mehrere Krisen und steigende Kosten für die Händler sorgen besonders in Klein- und Mittelstädten für Leerstände. Insolvenzen wie die von Galeria-Karstadt-Kaufhof verschärfen diese Situation weiter. Besonders das Wegbrechen des „Ankers“ Warenhaus ist für viele Klein- und Mittelstädte ein großes Problem, da dadurch die Frequenz im Umfeld sinkt und ein sogenannter Trading-Down-Effekt auftreten kann. Die Frage ist also, wie diese Situation in den Griff zu bekommen ist. Die sogenannte Mixed-Use-Immobilie hat in diesem Zusammenhang eine neue Bedeutung erlangt. Umnutzungen spielen hier eine wichtige Rolle.
Dr. Rainer Burbulla: An dieser Stelle kommen auch die ersten rechtlichen Fragen ins Spiel. Ein ehemaliges Warenhaus lässt sich nicht einfach in eine Mixed-Use-Immobilie, also ein Gebäude mit verschiedenen Nutzungen wie Wohnen, Einzelhandel oder Gastronomie, umwandeln. Es sind daher entsprechende öffentlich-rechtliche Genehmigungen erforderlich.
André Stromeyer: Die Umnutzung von Warenhäusern ist tatsächlich ein facettenreiches Thema. Es bringt sowohl große Chancen als auch erhebliche Herausforderungen mit sich. Der erste Schritt bei der Umnutzung ist meist eine Bestandsaufnahme des Gebäudes. Warenhäuser sind oft große, multifunktionale Bauten, die ursprünglich für den Einzelhandel konzipiert wurden. Heute müssen wir uns überlegen, wie diese Flächen für andere Nutzungen – wie Wohnen, Büros, Freizeit oder Kultur – nutzbar gemacht werden können.
Viele dieser Gebäude befinden sich in städtebaulich wertvollen Lagen. Das bedeutet, dass wir von Anfang an die rechtlichen Rahmenbedingungen berücksichtigen müssen. Häufig müssen wir den Bebauungsplan ändern oder die Umnutzung genehmigen lassen.
Dr. Rainer Burbulla: Das klingt nach einer komplexen Aufgabe. Welche rechtlichen Herausforderungen siehst du als besonders gravierend bei der Umnutzung von Warenhäusern?
André Stromeyer: Die größten Herausforderungen liegen häufig im Bereich des Baurechts und des Denkmalschutzes. Warenhäuser wurden in den 1960er bis 1980er Jahren gebaut, eine Zeit, in der noch andere baurechtliche Anforderungen galten. Heute müssen wir diese Gebäude an moderne Standards anpassen – etwa in Bezug auf Energieeffizienz, Brandschutz oder Barrierefreiheit. Wenn das Gebäude unter Denkmalschutz steht, müssen wir zusätzlich die entsprechenden Auflagen einhalten. Die Frage, welche Teile des Gebäudes erhalten bleiben müssen und welche verändert oder neu gebaut werden können, erfordert eine sehr genaue Planung. Warenhäuser sind häufig als reine Einzelhandelsflächen definiert. Eine Umnutzung zu Wohnungen, Büros oder Freizeitangeboten erfordert oftmals eine Änderung des Bebauungsplans oder zumindest eine Nutzungsänderung, die von der Stadt genehmigt werden muss. Diese Genehmigungen können langwierig und bürokratisch sein, was den gesamten Projektzeitraum erheblich verlängern kann.
Dr. Rainer Burbulla: Das ist ein sehr guter Punkt. Wie geht ihr als Projektentwickler konkret mit diesen rechtlichen und praktischen Fragestellungen um? Welche Schritte sind notwendig, um sicherzustellen, dass alle Anforderungen erfüllt werden?
André Stromeyer: Zunächst einmal ist eine enge Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden und Gutachtern entscheidend. Wir arbeiten mit Architekten und Stadtplanern zusammen, um einen Entwurf zu entwickeln, der den aktuellen rechtlichen und städtebaulichen Anforderungen entspricht. Was die Genehmigungen betrifft, ist der Dialog mit den zuständigen Ämtern von zentraler Bedeutung. Bei großen Bestandsgebäuden, die eine Umnutzung erfahren, müssen wir oft mehrere Ebenen der Verwaltung ansprechen – vom Bauamt über das Denkmalamt bis zu den Umweltbehörden. Für uns als Projektentwickler bedeutet das, dass wir von Anfang an sehr detaillierte Pläne vorlegen müssen, die alle relevanten rechtlichen und baulichen Anforderungen abdecken.
Dr. Rainer Burbulla: Die enge Zusammenarbeit mit den Behörden und eine detaillierte Planung sind also unerlässlich, um rechtliche Unsicherheiten zu vermeiden. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist sicherlich die Finanzierung solcher Projekte. Welche Rolle spielen dabei die rechtlichen Rahmenbedingungen und Fördermöglichkeiten?
André Stromeyer: Die Finanzierung ist in der Tat ein zentraler Punkt. Umnutzungsprojekte sind oft mit hohen Kosten verbunden, insbesondere wenn es um die Sanierung von Bestandsgebäuden geht. Eine gute Finanzierung hängt nicht nur von den Investoren ab, sondern auch von den rechtlichen Möglichkeiten. Steuerliche Förderungen und öffentliche Förderprogramme spielen hier eine wichtige Rolle. In Deutschland gibt es zum Beispiel steuerliche Anreize für die Sanierung denkmalgeschützter Gebäude oder für die Umsetzung besonders nachhaltiger Bauprojekte.
Diese Förderungen müssen jedoch sorgfältig geprüft werden, da sie an bestimmte Auflagen gebunden sind, etwa im Bereich des Denkmalschutzes oder der Energieeffizienz. Ein weiteres Thema ist die Finanzierung von Umbauten, die aufgrund der Umnutzung erforderlich werden. Wenn neue Nutzungen wie Wohnungen oder Büros integriert werden, müssen wir sicherstellen, dass alle baurechtlichen Vorschriften erfüllt sind, was zusätzliche Kosten verursacht. Auch hier können Förderprogramme zur energetischen Sanierung oder zur Schaffung von Barrierefreiheit eine wichtige Rolle spielen.
Dr. Rainer Burbulla: Die steuerlichen und öffentlichen Fördermöglichkeiten bieten in der Tat interessante Chancen. Aber wie sieht es mit den rechtlichen Herausforderungen aus, die durch die veränderten Nutzungen auftreten können? Gibt es häufig Konflikte, zum Beispiel bei der Integration von Wohnen in ehemaligen Handelsflächen?
André Stromeyer: Ja, die Integration von Wohnen in ehemaligen Handelsflächen ist oft eine Herausforderung. Besonders bei größeren Warenhäusern ist die Umnutzung von Einzelhandelsflächen in Wohnraum häufig mit erheblichen baulichen und rechtlichen Fragen verbunden. Beispielsweise müssen wir sicherstellen, dass der Brandschutz für die neuen Wohneinheiten den aktuellen Anforderungen entspricht – und das ist bei älteren Gebäuden nicht immer einfach.
Dr. Rainer Burbulla: Die Nachbarschaftsbelange und die Umnutzung von Flächen in Wohnraum sind also oft heikle Themen. Aber auch wenn die rechtlichen Hürden groß sind, bieten die Umnutzungsprojekte von Warenhäusern sicherlich viele Chancen für die Stadtentwicklung. Wie siehst du die langfristige Perspektive solcher Projekte für die Städte?
André Stromeyer: Die Umnutzung von Warenhäusern bietet auf jeden Fall eine große Chance, städtische Räume neu zu denken und zu beleben. In vielen Innenstädten sind leerstehende Warenhäuser ein Problem, das dringend gelöst werden muss. Durch die Umnutzung können wir nicht nur den Leerstand verringern, sondern auch zur Belebung der Innenstadt beitragen – sei es durch Wohnraum, kulturelle Einrichtungen oder neue Gewerbeflächen.
Solche Projekte tragen zu einer nachhaltigen Stadtentwicklung bei, indem sie den vorhandenen Bestand nutzen und gleichzeitig moderne Anforderungen berücksichtigen. Für uns als Projektentwickler ist es daher besonders wichtig, diese Chancen mit den rechtlichen Vorgaben in Einklang zu bringen.
Dr. Rainer Burbulla: Besonders in Fällen, in denen Städte leerstehende Warenhäuser selbst erworben haben, um diese neu zu bewirtschaften, stellt sich die Frage, welche Nutzungs- bzw. Vermietungskonzepte umgesetzt werden sollen. Es ist vermehrt zu beobachten, dass Städte auf das Know-how von Projektentwicklern zurückgreifen. Aus rechtlicher Sicht sind in diesen Fällen Kooperationsverträge zwischen dem Projektentwickler und der Stadt entscheidend, um die Schnittstellen zu regeln.
André Stromeyer: Genau, auch wir schließen solche Kooperationsvereinbarungen, in denen die Leistungen des Projektentwicklers oder Beraters genau definiert werden. Dies beginnt mit der Erstellung von Nutzungs- und Vermietungskonzepten. Dabei starten wir oft mit Befragungen von potenziellen Mietinteressenten. Parallel dazu werden weitere Nutzungsmöglichkeiten aufgezeigt und schließlich die notwendigen Umbaumaßnahmen geplant.
Dr. Rainer Burbulla: All dies muss natürlich mit den rechtlichen Rahmenbedingungen kombiniert werden. Die rechtliche Betreuung ist entscheidend, nicht nur bei der Ausgestaltung der Kooperationsvereinbarungen, sondern auch bei der Gestaltung von Architektenwettbewerben, Architektenverträgen und Bauverträgen sowie der Begleitung von Genehmigungsverfahren. Es handelt sich also um das klassische Projektentwicklungsgeschäft, jedoch unter Berücksichtigung neuer Anforderungen und aktueller Entwicklungen.
André Stromeyer: Ja, genau. Es bleibt Projektentwicklung, die Chancen und Risiken birgt. Aber aus unserer Sicht überwiegen die Chancen und der stationäre Handel wird auch weiterhin eine zentrale Rolle spielen. Aber es bedarf neuer Konzepte, um den Leerstand innerstädtischer Verkaufsflächen zu reduzieren. Unsere Erfahrungen zeigen, dass der Wille bei den Akteuren vorhanden ist. Jetzt gilt es, diesen Willen umzusetzen und auch mutige Wege zu beschreiten.
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