Cookie-Einstellungen

Diese Webseite verwendet Cookies, um die Bedienfreundlichkeit zu erhöhen.

Informationen zum Datenschutz

20. Dezember 2021

Hanau: Wie sich die City postiv auflädt

MIT „HANAU AUFLADEN“ HAT DIE STADT EIN PROGRAMM AUFGELEGT, DASS DEN HERAUSFORDERUNGEN DER INNENSTADT MIT EINEM BÜNDEL AN MASSNAHMEN BEGEGNET.
Daniel Freimuth, Operative Leitung bei der Hanau Marketing GmbH. Foto: Hanau Marketing GmbH

In unserer neuen Interview-Serie "Stadtimpulse" stellen wir verschiedene Best-Practice-Projekte vor. Sie sollen exemplarisch aufzeigen, mit welchen Maßnahmen den Herausforderungen für die Innenstadt begegnet werden kann. Im ersten Teil der Serie stellt Daniel Freimuth, Operative Leitung bei der Hanau Marketing GmbH, das Stadtentwicklungsprogramm „Hanau aufLADEN“ vor.

Wie ist die Idee für Ihr Projekt entstanden?
Hanau hat die Innenstadt seit 2010 grundlegend erneuert. Im Rahmen eines Wettbewerblichen Dialogs sind rund 600 Millionen Euro aus privater und öffentlicher Hand in neue Straßen, neue Plätze, ein Kino, eine neue Stadtbücherei und das Einkaufszentrum Forum Hanau geflossen, das 2015 als Sinnbild des Stadtumbaus eröffnet wurde. Damit haben wir uns neu positioniert und – im Schulterschluss mit der gesamten Stadtgesellschaft – ein klares Zeichen dafür gesetzt, dass das europäische Kulturgut der vitalen Innenstadt erhalten werden muss. Der boomende Online-Handel und die explodierenden Immobilienpreise haben die erreichten Ziele aber unter Druck gesetzt. Deshalb haben wir bereits Ende 2018 entschieden, dem mit einem ganzen Bündel an Maßnahmen zu begegnen, um die negativen Tendenzen zu stoppen. Anfang 2019 ist dieses Maßnahmenpaket im Rahmen des Prozesses „Zukunft Hanau“ mit 5000 Bürgerinnen und Bürgern diskutiert und anschließend weiterentwickelt worden. Daraus ist das Stadtentwicklungsprogramm „Hanau aufLADEN“ entstanden, in dessen Rahmen die Stadtverordneten im Dezember 2019 eine Vorkaufsrechtssatzung beschlossen haben. Das war der Schlüssel für unser Projekt, denn seitdem arbeiten wir im engen Austausch mit den Immobilieneigentümern der Innenstadt daran, Spekulationen zu unterbinden, Fassaden zu sanieren und einen Minderbesatz zu verhindern. Dazu haben wir viele Fördermaßnahmen entwickelt, mit denen neue Konzepte angelockt werden. Und diese bringen wir dann mit den Immobilieneigentümern zusammen und helfen dabei, realistische Bedingungen für beide Seiten zu schaffen. Parallel arbeiten wir natürlich intensiv an der Bestandspflege und -weiterentwicklung sowie an Veranstaltungen und Aktionen, die die Frequenzen in der Innenstadt erhöhen sollen.

Welche Herausforderungen galt es bei der Umsetzung zu überwinden?
Die größte Aufgabe war und ist es, in den Dialog mit den Immobilieneigentümern zu kommen. Die beschlossene Vorkaufsrechtssatzung, die es uns ermöglicht, Einfluss auf Immobiliengeschäfte zu nehmen, ist ja zunächst ein repressives Mittel, das per se nicht unbedingt ein vertrauensbildendes ist. Wir haben aber von Anfang an gesagt, dass es nicht das Ziel ist, reihenweise Immobilien aufzukaufen. Die Vorkaufsrechtssatzung soll es ermöglichen, überhaupt in den Dialog zu kommen. Und das ist gelungen. Wir haben mit weit mehr als 100 Eigentümern gesprochen. Und sie haben gemerkt, dass wir als Freund und nicht als Feind kommen, dass wir den Schulterschluss mit ihnen zu suchen. Wir wollen dabei helfen, das Bestmögliche aus der Immobilie herauszuholen – für den Eigentümer und für die Entwicklung der Stadt. Es dauert ein bisschen, bis man dieses Vertrauensverhältnis zu jedem einzelnen aufgebaut hat. Deshalb haben wir innerhalb der Unternehmung Stadt Hanau ein kompetentes Team aufgebaut, das sich intensiv mit dem Aufbau und der Pflege dieses Immobiliennetzwerkes beschäftigt. Wenn man dann ein gewisses Standing hat, fällt es auch viel leichter, den Eigentümer davon zu überzeugen, dass ein gutes Konzept, das vielleicht erstmal weniger Miete bringt, langfristig besser ist als eins, das nur vom schnellen Euro lebt.

Wie hat Ihre Stadt von dem Projekt profitiert?
Zunächst einmal haben wir es geschafft, dass die Innenstadtentwicklung von Hanau positiv wahrgenommen wird. Das ist in diesen Zeiten, in denen alle über sterbende Innenstädte reden, schon etwas Besonderes. Wir haben auch kein Problem, für freiwerdende Flächen Nachmieter zu finden. Jetzt geht es aber darum, die Eigentümer davon zu überzeugen, nicht dem Barbier, dem Nagelstudio oder dem Handyshop den Zuschlag zu geben, sondern einem innovativen Konzept, das den Standort bereichert. Das gelingt uns immer öfter – weil wir zum einen einen Headhunter installiert haben, der sich nur darum kümmert, neue Konzepte zu finden und anzuwerben. Und zum anderen haben wir sowohl für Vermieter als auch für Mieter Förderprogramme installiert, die in beide Richtungen Risiken minimieren. Das alles hat dazu geführt, dass wir immer mehr Anfragen von jungen Unternehmen bekommen, die sich über eine mögliche Ansiedlung in Hanau informieren wollen. Aus diesen neuen, oft kreativen Köpfen, verantwortungsbewussten Immobilieneigentümern und innovationsbereiten Bestands-Händlern entsteht gerade ein dynamisches, überaus kreatives neues Netzwerk. Wir nennen die Teilnehmer ein bisschen frech „Komplizen“, denn sie haben sich dazu entschieden, gemeinsame Sache mit uns zu machen. Gemeinsam probieren wir aus, entwickeln auch mal unorthodoxe Wege. Und uns eint die Leidenschaft für unseren jeweiligen Beruf sowie für Hessens kleinste Großstadt.

Wie wichtig sind heutzutage solche innovativen Projekte für die Städte im Allgemeinen und für die Innenstädte im Besondern?
Die Entwicklung der vergangenen Jahre hat doch ganz klar gezeigt, dass ein passives Zuschauen, was mit der Innenstadt passiert, nicht der richtige Weg ist. Städte müssen sich einmischen, mitgestalten, Rahmenbedingungen für Handel und Gastronomie verbessern. Nur dann schafft man Vertrauen und neue Netzwerke, die Dinge bewegen wollen – und bewegen heißt natürlich auch verändern. Die Menschen haben ein großes Bedürfnis, in der Innenstadt, dem Energiezentrum, zusammenzukommen. Das ist seit Jahrtausenden so. Die Nutzung der Innenstadt hat sich dabei immer wieder verändert, aber die Kernfunktion, dass sich die Menschen im Herzen der Stadt treffen und austauschen, hat alle Veränderungen überdauert. Darauf wollen wir aufbauen. Für uns ist klar, dass das Einkaufen Stück für Stück an Relevanz für die Innenstadt verlieren wird. Deshalb braucht der Handel neue Nachbarn. Es braucht neue Treffpunkte, außergewöhnliche Erlebnisse, Kindergärten, Grünflächen usw. Wir sollten uns auf das konzentrieren, was wir können, nämlich Stadt sein. Wo sonst kann man mit der ganzen Familie, alleine oder mit Freunden einen Kaffee in der Frühlingssonne trinken, einen frischen Salat einkaufen, nach einer passenden Hose suchen? Wo sonst steht die richtige Bühne für den Wunsch nach Sehen-und-gesehen-Werden?

Lässt sich aus Ihrer Sicht das Projekt auf andere Städte übertragen?
Ja, unser Programm „Hanau aufLADEN“ lässt sich gewiss in Teilen und auch in der Gänze auf andere Städte übertragen. Und wir ergänzen unsere Maßnahmen auch stetig um Projekte, die in anderen Städten gut funktionieren. Wir müssen alle voneinander lernen. Wichtig ist aus unserer Sicht aber: Es braucht einen Konsens in der Stadtpolitik, dass die Innenstadt für die Stadtgesellschaft von herausragender Bedeutung ist. Dann braucht es Mut sowie die Bereitschaft zum Dialog mit Bürgerinnen und Bürgern sowie allen Innenstadtakteuren. Und natürlich braucht es auch ausreichend Geld.

Wie sehen Sie die Zukunft der Innenstadt?
Ich glaube, dass wir etwas mehr Optimismus brauchen. Wenn wir andauernd weiter darüber sinnieren, wie wir die Innenstädte vor dem Sterben bewahren, machen wir unser „Produkt“ schlechter als es ist. Das Bedürfnis der Menschen, sich an einem Ort zu treffen, wird auf lange Zeit nicht wegfallen, auch nicht durch neue, virtuelle Lebensräume im Internet. Dieses Grundbedürfnis stimmt zumindest uns in Hanau hoffnungsvoll. Jetzt gilt es, gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern, zu definieren, was sie rund um dieses Treffen erleben wollen. Sie werden dabei noch lange einkaufen, einen Kaffee trinken wollen. Das steht aber nicht mehr für alle im Mittelpunkt. Sie wollen andere Sachen erleben – Kultur, Musik, Märkte. Alle eint aber der Wunsch, am echten Leben teilzunehmen. Also sorgen wir für Leben in der Innenstadt.

Über die Interview-Serie

Die Interview-Serie "Stadtimpulse ist in Zusammenarbeit mit der Bundesvereinigung City- und Stadtmarketing Deutschland e.V. (bcsd) entstanden. Die vorgestellten Best-Practice-Beispiele sind Teil des Projektpools "Stadtimpulse", der von CIMA Beratung + Management GmbH in Kooperation unter anderem mit dem bcsd betrieben wird. Ziel der Serie ist es, den Verantwortlichen in anderen Städten und Gemeinden Ideen und Lösungsansätze für die eigene Innenstadt an die Hand zu geben und die erfolgreichen Projekte einer größeren Öffentlichkeit bekannt zu machen.

Alle Teile der Serie

  1. Hanau: Wie sich die City postiv auflädt
  2. WüLivery – Same-Day-Delivery in Würzburg
  3. Gartenträume-Lounge mit Open Stage
  4. Kampagne stärkt die Innenstadt von Lahr
  5. Frequenzsteigerung in der Adventszeit
  6. Nutzungsmischung belebt die Innenstadt
  7. Summer of Pioneers in Wittenberge
  8. Fürth: Führungen führen Besucher in die City
  9. Zwischenzeit poppt in Osnabrück auf
  10. Raum für Kreative in Bochums City

Unsere Werbepartner

Impressum Datenschutz Cookie-Einstellungen Über uns

HANDELSIMMOBILIEN HEUTE (HIH) ist ein Nachrichten- und Serviceportal für die gesamte Handelsimmobilienbranche in Zusammenarbeit mit renommierten Verbänden und Instituten.