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Den Innenstädten droht eine Leerstandswelle. Die Coronapandemie wirkt in diesem Zusammenhang als weiterer Beschleuniger. Wie sollen Innenstädte da zukunftsfähig gestaltet werden? Es geht darum, pragmatische Lösungen zu finden – für alle Akteure. Wie dies gelingt, zeigt das Stadtretter-Netzwerk. Denn: Wenn Wissen geteilt wird, können alle profitieren.
Der Einzelhandel befindet sich in einem großen Umbruch. Nach Prognosen des Kölner Instituts für Handelsforschung (IFH) müssen bis 2023 bis zu einem Fünftel der stationären Läden ihre Türen schließen – also bis zu 80.000 Geschäfte. Zurzeit gibt es laut IFH bundesweit nur noch rund 226.000 Einzelhandelsunternehmen. Diese Zahlen werfen die Frage auf, wie sich die Zukunft der Innenstädte bei dem damit verbundenen drohendem Leerstand gestalten lässt.
Die Corona-Pandemie wirkt hier noch als Zeitraffer. Neue Zahlen vom IFH KÖLN und von Professor Dr. Werner Reinartz, Universität Köln, zeigen: Pandemiebedingt beschleunigt sich der Strukturwandel im Handel um circa sieben bis acht Jahre. Klar ist aber, dass die Krise im Einzelhandel und mit ihr die der Innenstädte nicht mit Corona begann.
Der Siegeszug des Online-Handels setzt das stationäre Geschäft seit Jahren unter Druck. Corona hat diesen Trend befeuert. Insgesamt stieg der Brutto-Umsatz von Waren im E-Commerce 2020 um 14,6 Prozent auf 83,3 Milliarden Euro, wie aus Zahlen des Bundesverbandes E-Commerce und Versandhandel (BEVH) hervorgeht. Ein Jahr zuvor lag die Steigerung noch bei 11,6 Prozent und 72,6 Milliarden Euro. Und dieses Jahr will der Online-Handel nochmal um 12,5 Prozent wachsen.
Für den stationären Handel entsteht eine dramatische Situation, wie unter anderem eine Umfrage des Handelsverbandes Deutschland unter mehr als 2000 Händlern zeigt. Sechs von zehn Unternehmen sehen hier ohne weitere staatliche Hilfen eine akute Insolvenzgefahr.
Und mit einer Insolvenzwelle im Handel könnten auch die Innenstädte sterben. Um das zu verhindern, braucht es neue Ideen, kreative Lösungen und ein starkes Netzwerk. Deswegen hat sich vor knapp einem Jahr die Initiative Die Stadtretter gegründet. Sie engagiert sich bei der Bekämpfung von Leerstand, für den Erhalt von attraktiven Innenstädten, in der Umsetzung von Leuchtturmprojekten und Reallaboren sowie als Think-Tank zur Stärkung der Städte und Gemeinden.
Es geht darum, pragmatische Lösungen zu finden – für alle Akteure, die an der Entwicklung der Innenstädte beteiligt sind. Das gilt für die Kommunen selbst, die städtischen Wirtschaftsförderungen und Marketinggesellschaften sowie Immobilienunternehmen, Einzelhändler und weitere Dienstleister. Auch Institute und Verbände bringen Expertise ein.
Wie das Stadtretter-Netzwerk Impulse setzt, aus denen sich Ansätze für die Innenstadt der Zukunft entwickeln, das zeigt sich etwa in Fulda. In der neuntgrößten Stadt Hessens werden mit dem Tool der Bürgerpartizipation Ideen erarbeitet, die die Aufenthaltsqualität und die Attraktivität der Innenstadt steigern sollen. Das digitale Pilotprojekt heißt „Zukunftswerkstatt Fulda“ und dient künftig als Blaupause für weitere Kommunen. „Stadtretter packen an“ heißt das Format, bei welchem Unterstützer wie das IFH konkrete Lösungsansätze entwickeln und zugänglich machen – Hand in Hand mit kommunalen Akteuren.
Ausgangspunkt für das Projekt ist die IFH-Studie „Vitale Innenstädte“ von 2020. Aus den Ergebnissen der Befragung von Innenstadtbesucher:innen sollen konkrete Maßnahmen entwickelt werden.
Aktuell sammelt die Zukunftswerkstatt Ideen der Bürger:innen. Zu den Vorschlägen gehört beispielsweise der Wunsch nach einer Markthalle, die das kulinarische Angebot in Fulda erweitert und als Treffpunkt dient. Angeregt wird auch ein Recycling-Shoppingcenter nach einem Vorbild in Stockholm. Dort werden ausschließlich recycelte Produkte verkauft. Als Standort wird das ehemalige Galeria-Kaufhof-Gebäude vorgeschlagen. Bei so großen Projekten muss natürlich die Machbarkeit geklärt werden. Im ersten Schritt dient die Zukunftswerkstatt als interaktive Online-Ideenplattform, auf der die Menschen sich austauschen und diskutieren.
Und andere Ideen wiederum drehen sich ohnehin um kleinere, leichter zu realisierende Projekte wie die Förderung von Straßenmusikern, die Einrichtung von City-Bussen oder die Verschönerung der Innenstadt. Welche Ideen in die Umsetzung überführt werden, das entscheidet eine Jury. Ende Juni oder Anfang Juli 2021 sollen die Sieger bekannt geben werden.
Die „Zukunftswerkstatt Fulda“ ist eines von jenen Pilotprojekten, die es aktuell braucht und steht stellvertretend für zahlreiche kleine und große Lösungsansätze, die innerhalb des Stadtretter-Netzwerks entwickelt und umgesetzt werden. Die Zukunft der Innenstadt beginnt dort bereits heute und es geht mit vielen kleinen Schritten los. Die Stadtretter-Initiative begleitet diese Modelle und teilen das Wissen im Netzwerk mit rund 800 Kommunen und Unternehmen – getreu dem Motto: „gemeinsam sind wir stärker“.
Dieser Beitrag erschien bereits als Gastbeitrag im Handelsblatt.
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