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In den 1960er-Jahren schwappte das Konzept der Shoppingmall aus den USA nach Europa hinüber. In Deutschland ist das Ruhrgebiet von Anfang an eine Hochburg der Shopping Center: In Essen, Bochum, Oberhausen, Herne, Dortmund und Mülheim bricht in den 70er-Jahren eine wahre Center-Manie aus.
Im Zeitraum von 1970 bis 1980 erlebte NRW den ersten großen Boom der Ansiedlungen. Die fanden allerdings überwiegend in den Innenstädten oder in Stadtteillagen statt. In Herne und Mülheim entstanden in dieser Phase die ersten komplett überdachte Malls in Deutschland. In der Absicht, die Kaufkraft zu binden und einen Abfluss in die großen Städte zu verhindern, sprangen in dieser Phase auch kleinere und mittelgroße Kommunen auf den Shopping-Center-Zug mit auf.
Im Zuge von Innenstadtsanierungsprojekten traten zahlreiche Investoren auf, die Shoppingcenter realisieren wollten – und sollten. In den 70er-Jahren waren regelmäßig geplante Einkaufscenter Thema in der gesamten Tagespresse der Region. Neben offenen oder in sich geschlossenen Centern, die städtebauliche Erweiterungen darstellen, gesellten sich ebenfalls Bauten, die Handelsflächen in Kombination mit Wohnbebauung oder anderen Nutzungsmöglichkeiten vorsehen.
Das Ruhrgebiet mauserte sich durch die Center-Bauten der zweiten Generation zu einem Ballungsgebiet für die neuen Handelsflächen und ihre Ausläufer. Zwischen 1970 und 1980 wurden in der BRD 50 neue Shopping Center eröffnet – zehn davon im Ruhrgebiet. Das geht aus Studien hervor, die sich schon früh mit dem Phänomen Shoppingcenter beschäftigen.
Viele der cityintegrierten Shoppingmalls im Ruhrgebiet in dieser Ära waren dadurch gekennzeichnet, dass bekannte Warenhäuser wie Quelle, Kaufhof, Hertie oder Karstadt integriert werden (beispielsweise im City-Center Lüdenscheid oder Bergischer Hof Gummersbach). Die großen Namen, die als Anker- oder Magnetmieter bezeichnet werden, wurden überwiegend so in die Center-Architektur eingefasst, dass sie an zentralen Ein- und Ausgangspunkten der Shopping Malls positioniert waren und durch die schiere Größe ihrer Verkaufsflächen Kunden ziehen sollten.
Der Weg für die Kunden war dabei vorab skizziert, man spricht von einem Hundeknochenprinzip: Wer von einem Warenhaus zum nächsten wollte, wurde an vielen kleineren Filialisten und lokalen Mietern des Centers vorbeigeführt. Die Wege waren nicht ausgelegt, dass die Kunden das Center zwischendurch verlassen oder überhaupt Notiz vom Einzelhandel außerhalb des Centers nahmen. „Daran so lange Zeit festzuhalten, war der größte Fehler, den die Architekten der frühen Malls begangen haben. Das Leben außerhalb des Centers komplett abzuschirmen, kam dem Versuch gleich, den Kunden gefangen halten zu wollen“, sagt Lena Knopf vom EHI Retail Institute.
Im Zuge des Shoppingcenter-Booms der zweiten Generation erlebte auch der Bautyp der Einkaufspassage des 19. Jahrhunderts eine Renaissance in Form von Center-Hybriden. Ab 1973 nahm die Ära der neuen Glaspassagen Fahrt auf. Ein Beispiel für diesen Bautyp ist die Passage am Wulfener Markt in Dorsten. Diese Passagen boten im Gegensatz zu den tiefen und abgehangenen Decken der gängigen Center-Ladenstraßen hohe Deckenkonstruktionen aus Glas- und Stahlbauteilen.
Den entscheidenden Wendepunkt der Shoppingcenter-Hysterie der 70er-Jahre markierte in der Architekturgeschichte der Handelsimmobilien ein Großbauprojekt im Münchner Stadtteil Schwabing. Hier entsteht „Schwabylon“, die größte und teuerste Mall ihrer Zeit.
Für 160 Millionen D-Mark ließ der Landmaschinenhändler Otto Schnitzenbaumer das ultimative Mahnmal des Center-Wahns errichten. 96 Läden, 12 Restaurants, mehrere Kinos, Spielhallen, Sportanlagen, Saunen, Schwimmbäder, eine Eisbahn und Diskotheken beheimatete die riesige fensterlose Pyramide. Den Gipfel der Dekadenz des Baus stellte der dreistöckige Nachtclub „Yellow Submarine dar, um dessen Zentrum ein 600.000 Liter fassender Wassertank gebaut wurde, in dem 36 Haie schwammen.
1973 eröffnet, zogen die letzten vier Mieter des Schwabylon bereits 1974 aus. 1979 wurde das Millionengrab abgerissen.
Mit der dritten Generation der Centerbauten in Deutschland (1980-1992) entstanden fast ausschließlich kleinere Malls in stadtzentralen Lagen. 1986 griff der Düsseldorfer Architekt Walter Brune den Bautyp der neuen Glaspassage erneut auf, um die großen lichtdurchfluteten Shopping Center zu entwerfen, wie sie heute noch zu finden sind: die Stadtgalerien. Zu diesem Bautyp gehört zum Beispiel die Thier-Galerie in Dortmund, das Stern-Center Lüdenscheid, die Rathaus-Galerie Hagen oder das Centro Oberhausen.
Mit der Wiedervereinigung feierte der Center-Boom seinen letzten großen Höhepunkt. Bis 2002 erlebten die neuen Bundesländer ein absolutes Hoch an Neuansiedlungen durch große Center-Betreiber.
In der siebten Generation (ab 2010) der Malls in Deutschland entwickelten sich die Center wieder weg vom reinen Ballungsraum von Gewerbeflächen und hin zu Häusern, die zugleich Unterhaltungsangebote und gastronomische Eckpfeiler gleichberechtigt neben den Handel positionieren.
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