AUF DEM CAMPUS DER UNIVERSITÄT WUPPERTAL STEHT EIN CONTAINER. DORT ZEIGT DAS FORSCHUNGSPROJEKT „BIM-BASIERTES BAUEN MIT RFID-TECHNIK“ DIE ZUKUNFT DES BAUWESENS.
Der Container des Forschungsprojektes „BIM-basiertes Bauen mit RFID-Technik“. Foto: Tobias Appelt
Die Zukunft des Bauens ist derzeit in einem Container auf dem Campus der Universität Wuppertal zu beobachten. Er ist vollgestopft mit moderner Technik. Und die Verantwortlichen bezeichnen ihn als „mobiles Demonstrationsmodul“. Sie nutzen es, um der Öffentlichkeit zu präsentieren, welche Ziele sie mit dem Forschungsprojekt „BIM-basiertes Bauen mit RFID-Technik“ verfolgen – die umfangreiche Digitalisierung von Gebäuden.
2006 haben sich drei deutsche Hochschulen zu der Forschungsinitiative „ARGE RFIDimBAU“ zusammengetan. Geleitet wird sie von Experten der Bergischen Universität Wuppertal, ebenfalls beteiligt sind die Technische Universität Dresden und die Technische Universität Darmstadt. Ende 2012 ist das aktuelle Forschungsprojekt gestartet. Im Sommer 2016 wird es abgeschlossen sein.
Forschungsarbeit für die Bau- und Immobilienbranche
„Schon jetzt sehen wir: Das Projekt ist ein großer Erfolg“, sagt Professor Manfred Helmus, Leiter des Lehr- und Forschungsgebiets Baubetrieb und Bauwirtschaft der Universität Wuppertal. „Es gibt eine große Bereitschaft, sich über das Thema Digitalisierung Gedanken zu machen. Wir sind schon vor Jahren mit unserer Forschung gestartet – und die Notwendigkeit dieser Arbeit zeigt sich heute mehr denn je.“ Von besonderem Interesse sei die Forschungsarbeit für die Bau- und Immobilienbranche. „Diese Branche ist ausgesprochen komplex. Bei allen Projekten gibt es stets sehr viele Beteiligte und Gebäude haben sehr lange Lebenszyklen. Da ist es wichtig, Daten über lange Zeit zu sammeln und verfügbar zu haben.“
Zentrale Eckpunkte des Forschungsprojekts sind „BIM“ und „RFID“ – und die Frage, wie beides im Zusammenspiel miteinander einen positiven Einfluss auf das Bauen haben kann. Über „BIM“ und „RFID“ hinaus werden dazu auch Virtual Reality, 3D-Druck und Sensorik-Anwendungen betrachtet.
„Building Information Modeling" als neue Methode
„BIM“ steht als Abkürzung für „Building Information Modeling“. Vereinfacht ausgedrückt beschreibt es das folgende Szenario: Alle an einem Immobilienprojekt beteiligten Personen arbeiten gemeinsam an einer Datei. Jeder von ihnen kann die Informationen einpflegen, für die er verantwortlich ist – und die anderen Beteiligten können diese einsehen und ergänzen. Bei diesem Prozess werden also alle Gebäudedaten digital erfasst, vernetzt und lückenlos dokumentiert. Es entsteht zudem ein komplexes 3D-Modell des Gebäudes, das mittels Virtual-Reality-Brille bis ins Detail erkundet werden kann. Die BIM-Vorteile: Die Methode ist oftmals schneller, zuverlässiger und in der Folge günstiger als Prozesse der klassischen Bauplanung. „BIM ist nicht bloß eine neue Software, sondern vielmehr eine neue Arbeitsmethode im Bauwesen, bei der die ganzheitliche Betrachtung des Planens, Bauens und Bewirtschaftens im Fokus steht“, sagt Manfred Helmus. „Die Anwendung setzt jedoch voraus, dass man sauber definierte Prozesse hat. Hier ist noch Standardisierungsarbeit notwendig.“
„RFID“ („Radio-Frequency Identification“) ist eine Technik zur automatischen und berührungslosen Übertragung von Daten. Benötigt werden jeweils ein Transponder, auf dem ein Code gespeichert ist und ein Lesegerät, das Daten erfassen kann. Erstmalig angewendet wurde die Technologie bereits gegen Ende des Zweiten Weltkriegs zur Freund-Feind-Erkennung. Heute ist sie weit verbreitet. Genutzt wird RFID-Technik etwa zur Kennzeichnung von Brieftauben, im Personalausweis – oder eben beim Bau von Gebäuden.
„BIM“ und „RFID“ in der Praxis
Wie sich die Kombination von „BIM“ und „RFID“ in der Praxis auswirkt, wird im mobilen Demonstrationsmodul an der Uni Wuppertal sichtbar. Ein Beispiel: An einer Wand sind verschiedene Materialproben angebracht – Plexiglas, Holz, Stahl, Leder, Aluminium, Beton – jede Probe ist mit einem RFID-Transponder versehen. Zielt man nun mit einem Lesegerät auf diese Wand, erfasst das Gerät blitzschnell, was sich in seiner Reichweite befindet – und gleicht es automatisch mit einer hinterlegten Datenbank ab. Angewendet in der realen Welt lassen sich so in Windeseile etwa Lagerbestände oder Shop-Inventar erfassen.
Mit "BIM" sind Gebäude „scheckheftgepflegt“
Doch die Forscher aus Wuppertal, Dresden und Darmstadt betrachten bei ihrer Arbeit den gesamten Lebenszyklus von Gebäuden – von der Planung über Bau und Nutzung bis zum Abriss. Durch die fortlaufende Pflege des „BIM“-Modells ist ein Gebäude jederzeit „scheckheftgepflegt“. Nichts geht verloren. Alle relevanten Daten sind stets nur einen Mausklick entfernt. Hiervon können die Beteiligten besonders bei Eigentumsübergängen profitieren.
Aber auch während des Betriebs ergeben sich Vorteile: Ins Bauwerk eingearbeitete RFID-Transponder sind jederzeit auslesbar. Sie liefern Daten von der Beschaffenheit des verwendeten Materials, den Abmessungen eines Bauteils, bis hin zur Information, wann genau und von wem es ursprünglich eingebaut wurde. Sie können genutzt werden zum Überwachen von Wartungsintervallen oder sogar zur Indoor-Navigation. Alle Anwendungsbereiche aufzählen, die die Forscher der „ARGE RFIDimBau“ erdacht haben, ist unmöglich.
Digitalisierung in der Bau- und Immobilienbranche
„Forschung ist ein Prozess – und stets ein Spiegel des aktuellen Kenntnisstands. Dieser schreitet immer weiter voran“, sagt Manfred Helmus. „Die Digitalisierung ist in meinen Augen eine der gravierendsten Veränderungen der Bau- und Immobilienbranche überhaupt. Sie birgt große Potenziale – aber auch Risiken. Diese Risiken sind allerdings, wenn man richtig mit ihnen umgeht, beherrschbar.“
Einen Überblick zum „BIM-basierten Bauen mit RFID“ gibt der Besuch des mobilen Demonstrationsmoduls. Die kommenden Vorführungstermine in Wuppertal sind: 20. Mai, 3. Juni, 8. Juli und 15. Juli. Zusätzliche Termine auf Anfrage. Das Demonstrationsmodul kommt auch bei Messen und Veranstaltungen zum Einsatz. und .
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