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20. Januar 2025

Findige Wege aus der Gastronomie-Krise

AENGEVELT: VOLATILITÄT KANN EINE CHANCE SEIN
Mit cleveren Konzepten können Gastronomiebetriebe einen Weg aus der Krise finden.
Symbolbild: Pixabay / Salah Jalal

Nach Berechnungen von Aengevelt Research hat sich das Sterben von Gastronomiebetrieben auch im Jahr 2024 weiter beschleunigt. Das wirkt sich in Frequenzverlusten für Standorte in City- und Stadtteillagen aus und führt dort zu Mietausfällen und Leerständen. Damit relativieren sich einerseits Hoffnungen, dass Gastronomie den partiellen Rückzug des Einzelhandels substituieren könnte. Andererseits könnten Multi-Use-Immobilien ein wichtiges Standbein verlieren, wenn ihr Gastronomieanteil wegbricht. Ungeachtet dessen sieht Aengevelt in dieser Entwicklung aber auch nach wie vor gute Chancen für Gastronomienutzungen, wenn diese zeitgemäße Konzepte verfolgen.

Der Einzelhandel verzeichnet schon seit längerer Zeit – und somit unabhängig von exogenen Einflüssen wie der Corona-Pandemie – eine jährliche Schrumpfung der Zahl der Geschäfte. In den letzten zehn Jahren hat sich die Zahl der Geschäfte um 18 Prozent auf 306.000 im Jahr 2024 reduziert. Zwar liegt die Gesamtverkaufsfläche seit Jahren in etwa stabil bei rund125 Milionen Quadratmetern, doch sind deutliche Umschichtungen zu beobachten, insbesondere von innerstädtischen Fachgeschäften hin zu immer großflächigeren Einrichtungen wie Lebensmittelsupermärkten in peripheren Lagen. Angesichts dieses langfristigen Erosionstrends richteten sich die Hoffnungen der Immobilienwirtschaft zuletzt darauf, dass gastronomische Nutzungen den schrumpfenden Einzelhandel zumindest teilweise substituieren könnten, wenngleich häufig auf niedrigerem Mietniveau. Zudem kann Gastronomie als Frequenzbringer zur Lebendigkeit und damit Nachhaltigkeit von Standorten beitragen.

Umnutzungsprozesse in Cities

So bezogen als Beispiel so genannte Bermuda-Dreiecke ihren Namen vom Gastronomieviertel der Universitätsstadt Bochum. Anfänglich wiesen die Quartiere tatsächlich die Form eines Dreiecks auf, inzwischen sind sie weit darüber hinausgewachsen und absorbieren einen beträchtlichen Teil der Haupteinkaufsstraße, der vom Einzelhandel nicht mehr nachgefragt wurde. Vergleichbare Umnutzungsprozesse sind auch in anderen Städten zu beobachten.

Viele Betriebe insolvenzgefährdet

Aengevelt Research verweist indessen darauf, dass im Jahr 2024 deutschlandweit rund 10.500 Gastronomiebetriebe aufgaben. Das entspricht einer Quote von neun Prozent des Bestands. Die Zahl der Insolvenzen, die rund elf Prozent der Schließungen ausmachen, ist nach Angaben des Informationsdienstleisters CRIF im Jahr 2024 um 31 Prozent gegenüber dem Vorjahr angestiegen, nachdem es zwischen 2022 und 2023 bereits eine Zunahme um 35 Prozent gegeben hatte. 11,7 Prozent aller Gastronomiebetriebe gelten inzwischen als insolvenzgefährdet.

Vielfältige Gründe für Schließungen

Die Gründe für die Betriebsschließungen sind nach Recherchen von Aengevelt Research durchaus vielfältig. Auf der Nachfrageseite hat der Trend zum Homeoffice zu Umsatzverlusten insbesondere beim Mittagsgeschäft geführt. Der Inflationsschock und die allgemeine Verunsicherung über die wirtschaftliche Entwicklung haben zur Konsumzurückhaltung beigetragen. Angebotsseitig wurde die Gastronomie durch überproportionale Preissteigerungen auf Vorprodukte und die Erhöhung der Umsatzsteuer belastet. Die Anhebung des Mindestlohns, die Rückwirkungen auf das gesamte Lohngefüge hat, hat die Personalkosten gesteigert; zugleich fällt es den Betrieben aus demografischen Gründen immer schwerer, Personal zu finden. Angesichts der gesamtwirtschaftlich stagnierenden bis rückläufigen Lage sehen viele Betrieben keine Möglichkeit, die Steuererhöhungen und Kostensteigerungen an die Kunden weiterzugeben. Zudem erreichen viele Wirte das Ruhestandsalter, ohne dass Nachfolger zur Verfügung stehen.

Hohe Volatilität ist Branchenmerkmal

Zwar werden auch zahlreiche Gastronomiebetriebe neu gegründet; nach Erkenntnissen des Statistischen Bundesamts übersteht davon aber nur ein zu bescheidenes Drittel die ersten fünf Jahre – was auch daran liegt, dass viele Start-Ups durch Gründer ohne hinreichende einschlägige Fachkenntnisse, Erfahrung und Eigenmittel erfolgen. Eine konsequent hohe Volatilität ist damit ein Strukturmerkmal der Branche. Für die Immobilienwirtschaft ist die Schließung von Gastronomiebetrieben doppelt problematisch: Erstens entstehen dadurch unmittelbare Mietausfälle und Leerstände in den betroffenen Objekten. Zweitens fallen Frequenzbringer weg, von denen auch benachbarte Einzelhandelsbetriebe profitieren. Eine Gastronomieschließung kann insbesondere in Multi-Use-Objekten problematisch sein, in denen Gastronomie nicht nur zur Flächenauslastung, sondern auch zur Attraktivität des Gesamtkomplexes beiträgt und der Immobilie und dem Quartier Besucher zuführt.

Verschiedene Handlungsmöglichkeiten

Vor diesem Hintergrund rät Aengevelt dazu, die steigende Zahl der Gastronomieschließungen zu relativieren. Hauptbetroffen sind Traditionsgaststätten, während es moderner konzipierten Betrieben besser gelingen kann, kostenbedingte Preissteigerungen durchzusetzen. Aus den aufgezeigten langfristigen demografischen und soziologischen Branchen- und Entwicklungstrends zeigt Aengevelt eine Reihe von Handlungsmöglichkeiten auf. Beispielsweise kann der seit Jahren sinkende Alkoholkonsum pro Kopf einerseits sowohl durch punktuelle Angebote im hochpreisigeren Cocktailbereich aufgefangen werden als auch Angebote vor allem im Segment der nichtalkoholischen Getränke wie Mocktails, Smoothies, Kaffee- und Teespezialitäten oder Säfte. Dabei sollten neue Modegetränke rasch aufgenommen und entsprechend vermarktet werden. Auch Craftbiere, alkoholreduzierte oder alkoholfreie Biere und Weine und spezielle Spirituosen können margenfreundliche Umsätze pro serviertem Getränk erzeugen. Eine weitere Möglichkeit, stagnierenden oder sinkenden Umsätzen zu begegnen, besteht im Servieren von Snacks und Speisen, bei denen mit Originalität, Frische und besonderen Zubereitungs- und Servierformen eine Alleinstellung auch gegenüber Lieferdiensten erreicht werden kann – Motto „Ceviche statt Solei“ – wobei auch ein Solei kreativ präsentiert werden kann. Themen-Events und strukturierte Aktionen bringen nicht nur Umsatzpeaks, sondern sind geeignet, immer wieder neue Kunden zu gewinnen und zu binden. Ein zeitgemäßes Outfit oder und auch ein themen- und zielorientiertes Ambiente tragen deutlich zur Steigerung der Attraktivität der Lokalität bei. Um die Flächenproduktivität zu steigern, können verschiedene Nutzungsarten miteinander kombiniert werden, beispielsweise Gastronomie und Einzelhandel. So funktioniert zum Beispiel die Kombination Buchhandlung / Geschenkartikel / Café sehr gut, ebenso wie Eiscafé und Cocktailbar oder Kaffeemaschinen und Espressobar.

Periodisch Anpassungen vornehmen

Dr. Wulff Aengevelt, geschäftsführender Gesellschafter von DIP-Mitbegründer Aengevelt Immobilien: „Gastronomie ist und bleibt ein zentraler Bestandteil des Nutzungsmix von relevanten City- und Stadtteilimmobilien. In der branchentypischen Volatilität beziehungsweise Fluktuation liegt auch die Chance, periodische Anpassungen der Konzepte an die Nachfrage zu erreichen. Die Lebenszyklen von ideenreichen Konzepten und Immobilien spiegeln einander und erfordern Früherkennen, Gestalten und konsequentes Umsetzen und gewährleisten in diesem Mix Nachhaltigkeit und Attraktivität.“

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