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30. Dezember 2024

Leerstände als Chance

EXPERTENBEITRAG VON JULIA RAHNER, CEO DER APLEONA REAL ESTATE GMBH
Julia Rahner, CEO der Apleona Real Estate GmbH
Foto: Apleona

Zahlreiche Innenstädte leiden unter verwaisten Retail-Flächen. In peripheren Lagen finden einige Bürogebäude keine Mieter mehr. Leerstände sind für alle Beteiligten eine Herausforderung. Aber auch eine Chance: Flächen können neuen, stark nachgefragten Nutzungen zugeführt werden. Zum Vorteil der Nutzer, der Städte und der Eigentümer. Die Nutzung von Gebäuden wurde früher gern monofunktional gedacht und umgesetzt. Die Privatwirtschaft setzte gern auf die am jeweiligen Standort erzielbaren höchstmöglichen Mieten. Städte trennten in ihren Flächennutzungsplänen gern zwischen Wohnen, Gewerbe und weiteren Nutzungen. Investoren bevorzugten aus Anlagegesichtspunkten möglichst sortenreine Portfolios.

Doch die Rahmenbedingungen, aber auch die Bedürfnisse der Nutzer haben sich verändert. Noch vor wenigen Jahren waren große Einkaufszentren und vom Handel dominierte Fußgängerzonen in der Innenstadt sowie Bürokomplexe am Stadtrand Sinnbilder für den wirtschaftlichen Erfolg einer Stadt. Diese Ära ist vorbei. E-Commerce und die Folgen der pandemiebedingten Lockdowns haben das Einkaufsverhalten verändert. Die Trends zu Homeoffice und höherwertigen und urbaner gelegenen Flächen haben im Office-Sektor eine ähnliche Wirkung: Flächen in erheblichem Ausmaß werden für ihre bisherigen Nutzungen nicht mehr nachgefragt.

Aus dieser Not lässt sich aber eine Tugend machen. Denn der Bedarf ist nicht verschwunden. Er hat sich verschoben. Eine sinnvolle Umnutzungsstrategie muss sich an dem orientieren, was Menschen suchen und wünschen. Vorwiegend monofunktional nutzbare Gebäude und Standorte entsprechen dem oftmals nicht mehr. Multi Use ist das Stichwort: Gebäude und Grundstücke werden immer häufiger umgewidmet und für unterschiedliche, parallel stattfindende Nutzungen aufbereitet.
Für neue Quartiere sollte dieser Ansatz ohnehin Grundvoraussetzung sein. Aber auch im Bestand – und dies ist die weitaus größere Aufgabe – schafft er höhere Flexibilität und Nutzungseffizienz, kurzum eine höhere ökonomische Resilienz. Wirtschaftlichkeit ist eine notwendige, aber keine für sich genommen ausreichende Bedingung. Multifunktionalität schafft kulturellen und sozialen Mehrwert. Ein kluger und standortgerechter Mix aus Wohnen, Arbeiten, Gastronomie, Konsum und Bildung bis hin zum Urban Gardening lässt urbane, für die Menschen attraktive Lebensräume entstehen.

Auch Eigentümer und Investoren profitieren, weil all diese Dinge auf das S in ESG einzahlen. Beispielsweise lassen sich Kaufhäuser so in lebendige Treffpunkte verwandeln, die unterschiedliche Zielgruppen ansprechen. Neben vermietbaren Arbeits-, Retail- und Wohnflächen entstehen Räume für Veranstaltungen, Märkte, Kunst und Kultur. Vielfalt und Treffpunkt-Qualität bilden einen attraktiven Gegenpol zum „einsamen“ Online-Kauf.
Für viele Stadtgesellschaften an erster Stelle steht derzeit die Erhöhung des Wohnungsangebots. Bislang fokussieren sich entsprechende Umnutzungsdebatten im Wesentlichen auf das Einzelgebäude. Es ist an der Zeit, über den Tellerrand der eigenen (Eigentums-)Grenzen hinauszublicken. Vitale Standorte und Quartiere entstehen durch sich ergänzende Angebote. Aus Einzelhandelsflächen können smarte Wohnungen für unterschiedliche Zielgruppen werden – Apartments für Long Stay, für Senioren und für andere Gruppen. Umgekehrt können zu Wohnraum transformierte Büroflächen dem Einzelhandel helfen. Denn die dort einziehenden Haushalte sorgen für neue Nachfrage. Je nach Lage sind passende Lösungen und Nutzungsmischungen in den Innenstädten andere als an den Stadträndern, in großen Städten andere als in kleineren.

Die Transformation von Beständen in Richtung Multi-Use hat leider zahlreiche, teils hohe Hürden zu überwinden. Dazu gehören gestiegene Baupreise und das vermutlich dauerhaft höhere Zinsniveau. Die Privatwirtschaft kann auf sich gestellt nur dort in Umbaumaßnahmen investieren, wo erzielbare Mieten dies rechtfertigen. Ist dies nicht der Fall, muss die Politik entscheiden, ob sie entsprechende Transformationsprozesse unterstützen will. Es wäre ein Investment in die Zukunft, denn nur funktionierende Quartiere und Nachbarschaften sorgen für ein auskömmliches Steuervolumen. Helfen würde es schon, wenn Baubehörden mehr Flexibilität zeigen und Innovationen nicht mehr durch Gesetze und Vorschriften behindert werden.

Aber auch die Immobilienwirtschaft muss über ihren Schatten springen. Denn letztlich sitzen alle in einem Boot. Es empfiehlt sich, in die gleiche Richtung zu rudern. Nur dann profitieren alle Stake- und Shareholder. Wir brauchen Runde Tische, an denen Politik, Verwaltung, Stadtplaner, Immobilienwirtschaft und Nutzer gemeinsam bestmögliche Lösungen herausarbeiten und voranbringen. Keine Seite wird dabei für sich das jeweilige Optimum erzielen können, denn jedes auf die Spitze getriebene Einzelinteresse schadet allen anderen Beteiligten. Das gilt im übertragenen Sinne auch für Nachhaltigkeitsanforderungen: ESG ist wichtig, keine Frage. Aber in der Umsetzung lässt sich oft gut zwischen Pflicht und Kür differenzieren. In vielen Fällen ist es sinnvoll, sich mit der Pflicht zu begnügen, damit die Flächen für die Nutzer bezahlbar bleiben.

ZUR PERSON

Julia Rahner, geborene Steinmetz, ist seit 2019 bei Apleona Real Estate GmbH beschäftigt und seit Januar 2022 in der Position der CEO.
Mit ihrer umfassenden Erfahrung im operativen Immobiliengeschäft seit über 13 Jahren führt sie das Unternehmen erfolgreich auf Wachstumskurs.
Die Volljuristin sammelte in ihrer Karriere umfangreiche Erfahrungen im Center Management, unter anderem als stellvertretende Leiterin des Center Managements bei der ILG Gruppe.
Diese Expertise prägt ihre Arbeit und trägt maßgeblich zur Weiterentwicklung der Apleona Real Estate GmbH bei.


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