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17. Januar 2025

Generation Alpha und der Future Store

WIE SICH DER EINZELHANDEL NACH DER GEN Z AUF DIE GEN@ EINSTELLEN MUSS UND WAS DAS EINKAUFSVERHALTEN DIESER JUNGEN MENSCHEN VON DEM DER BOOMER-GENERATION UNTERSCHEIDET.
Wolf Jochen Schulte-Hillen
Foto: SH Selection
Der Future-Store in London setzt Maßstäbe, wohin die Reise der Gen@ gehen wird.
Foto: Future Stores, London

In einer Welt, die sich ständig weiterentwickelt, verändert sich auch das Einkaufsverhalten. Auf meinen jüngsten Reisen konnte ich vor allem beim Besuch des kürzlich eröffneten Future-Stores in London und bei Abstechern in die Dream Mall in New Jersey, zur aktuell noch im Bau befindlichen Mega Mall am „The Sphere“ in Las Vegas , aber auch in Daikanyama in Tokio sowie in einigen andern Distrikten der Welt den zunehmenden Andrang von jungen Menschen beobachten, die nach meiner Wahrnehmung ein anderes Besuchs- und Einkaufsverhalten als frühere Generationen zeigen.

Echte immersive Erlebnisse, wie Sie zum Beispiel der türkisch-amerikanische Medienkünstler und Architekt Refik Anadol kreiert, sind wahre Storytelling-Ereignisse. Mithilfe Künstlicher Intelligenz und großer Datenmengen lässt er die Grenzen zwischen Realität und Fantasie verschwimmen; der Betrachter fühlt sich als Teil einer Gesamtdramaturgie.

Wie beeinflusst diese neue heranwachsende Generation unser Einkaufsverhalten?

Jedenfalls gehe ich genauso wie die jüngeren Generationen zu McDonald's und hänge mit meinem digitalen Device bei Starbucks ab, während ich auf meinen Coffee to go warte. Meine Sneaker kaufe ich bei Snipes und das Sommer-T-Shirt bei Kult oder Titus. Kurzum: Ich erkenne keinen gravierenden Unterschied in meinem Einkaufsverhalten, außer es geht um Business Outfits.

Wir Boomer haben jahrelang den jeweiligen Zeitgeist geprägt und unser Handeln dem jeweiligen Zeitgeist angepasst. Wir haben als Marken- und Einzelhandelsprofis viel Augenmerk auf Wertigkeit, Produktvielfalt, authentische Brands und persönliche Ansprache gelegt.

Heute aber hat sich vieles geändert. Vorbei sind die Zeiten der Standardsortimente und -flächen, die im Wesentlichen der Warentransaktion dienten. Das mussten vor allem die Warenhäuser leidlich erfahren.

Aktuell sprechen wir viel von Retailment, Ambiente, Theatralisierung, Community Hubs und Erlebnissen. Die Rolle der stationären Läden hat eine rasante Evolution gemacht: Das Produkt und der Einkauf sind fast zur Nebensache geworden. Betreten Kunden heute einen Laden, legen sie vor allem auf Folgendes wert:

- Kuratierte Stores und Sortimente: das Credo meiner vielen Vorträge und Workshops. Also kleine thematisch abgestimmte Sortimente. Auf die Bedürfnisse der gewünschten Zielgruppe abgestimmt. Zum Beispiel Concept Stores.

- Communities: Die Besucher eines Ladens möchte sich willkommen und zugehörig fühlen. Pioniere wie Lululemon und Rapha Bikes haben mich von Anfang an fasziniert. Gepusht von Influencern in den Sozialen Netzwerken haben sich viele Brands international entwickelt. Zunehmend richten Fitness-, Bike-, aber auch Fashion-Brands Erlebnisflächen in ihren Häusern ein, um ihrer Community Entfaltungsraum zu bieten oder die Location an zur Brand passenden Zielgruppe für Meetings und Events zu vermieten.

- Storytelling: Erlebnisse verkaufen nicht nur Produkte, sondern kreieren Storys in physischen Räumen. Eine Vorreiterin war Rachel Shechtman mit Ihrem „Story“-Laden in Chelsea: Im regelmäßigen Wechsel hat die Gründerin das Warensortiment ihres Ladens unter ein neues Thema gestellt hat: Love, Travel, Holiday, Health etc. Gekonnt inszenierte Marken, die ihre Geschichten in physischen Räumen ausleben, haben leider in Deutschland noch nicht den Status erreicht, wie zum Beispiel meine favorisierte Brillenmarke „Gentle Monster“ in Korea. Aus meiner Marken- und Expansionserfahrung hätte ich wenig Lust, mich mit dieser großartigen Brand in beliebige Billigsortimente einzureihen.

- Entertainment-Erlebnisse: Dafür gibt es gottlob auch in Deutschland gelungene Beispiel wie L&T aus Osnabrück: Hasewelle fürs Indoor-Surfen, Klima- und Fitnesskammern nebst Markthalle und opulenter Gastronomie vermitteln den Besuchern das Gefühl, etwas Einzigartiges zu erleben. Dasselbe gilt auch für das Haus of Rituals und Gymshark. Der neue Future-Store und das Xperion setzen ebenfalls Maßstäbe, wohin die Reise der Gen@ geht. Motoren der Freizeitbewegung sind vor allem die Leitmessen ISPO in München und FIBO in Köln. Solche Veranstaltungen sollten zum Pflichtprogramm von Entscheidern aus dem Handel gehören, um kommende Trends zu verstehen und kompetent auf Augenhöhe mit ihren Kunden zu kommunizieren.

- Pop-up-Stores: Die Ermüdung vieler Luxusbrands in China haben diese im Jahr 2024 veranlasst, viele besonders kreative Pop-up-Stores in Malls oder zentralen Lagen zu errichten. Sowohl die Wahrnehmung der Brands als auch deren Abverkauf hat sich dadurch enorm verbessert. Wechselnde Popups sorgen für Überraschungen und wecken Neugier auf weitere Inszenierungen.

- Trend zur Nachhaltigkeit: Nicht nur Fridays for Future, sondern auch eine zunehmend bewusste und gesunde Lebensführung hat die Gen@ erfasst. Vegan essen, gesund leben und Second-Hand-Ware kaufen, liegen im Trend. Händler wie Globetrotter und Ecoalf bauen sogar ihre neuen Läden umweltbewusst aus recycelten Materialien auf.

- Analoge Beratung: Digitale Systeme begeistern die Gen@. Gern lässt sie sich aber auch analog beraten, vor allem in Laufstores, Modegeschäften und bei Kosmetikanbietern. Der Servicemitarbeiter muss sich mit seinem Kunden jedoch auf Augenhöhe kompetent auszutauschen vermögen.

Ich möchte zusammenfassend feststellen, dass gerade die GenZ und die Gen@ stark zu Widerbelebung des stationären Handels beigetragen haben, wobei Kieze und neue Lagen den bisherigen klassischen Einkaufslagen den Rang ablaufen. Deren beliebigen Sortimente turnen ab, zumal zunehmend in den Webshops eingekauft wird. Der durch Shein und Temu und jetzt auch durch Amazons Niedrigpreiskonzept Haul eingeleitete Direktvertriebs-Boom wird nicht Halt machen und den Einzelhandel noch mehr fordern.

Es bringt also wenig, weiter in Billigketten zu investieren und höchstmögliche Skalierbarkeit anzustreben. In Deutschland gibt es sowieso zu viel Retail Flächen, und die sollten sinnvollerweise mit neuen Retail-Welten bespielt werden.

Doch es kommt noch eine weitere Aufgabe auf den stationären Handel zu: der Service! Gerade beim Onlinekauf schaut sich die Gen@ die Auswahl der Ware in Retail-as-a-Service-Stores wie dem Future Store an uns bestellt dann nach dem Showrooming online. Der Stationärhandel wird also noch mehr Services wie Personal Shopping anbieten müssen, so wie es viele Unternehmen auch bereits hervorragend machen.

Gerade in der Corona Zeit haben viele kreative Händler Instrumente wie Buy-Online-Pick-up-in-Store (BOPIS) genutzt, um Umsätze zu generieren, obwohl die Stores geschlossen waren. Kombiniert mit Hol – und Bringservices konnte beispielsweise die Firma Ramelow aus Elmshorn ihren Umsatz mithilfe dieses Instruments nahezu auf Normalniveau halten.

Der Kundenservice wird jetzt und auch in Zukunft zunehmend als Call Center fungieren müssen, damit Käufer, die mit ihrem Produkt oder dem Service nicht zufrieden sind, eine angemessene Betreuung erhalten, die sie zufriedenstellt.

Überraschungen: In die Zauberkiste der aktiven Händler gehören auch überraschende Inszenierungen wie sie Apple beim Launch seiner neuen Produkte praktiziert oder Fashion Drops auf der Fläche, die Käufer veranlassen, freiwillig Schlange zu stehen. Jüngstes Beispiel für eine überraschende Inszenierung war der Launch der Dubai Schokolade von Lindt, der im November 2024 in den Lindt Stores zu einem Massenansturm führte.

Gibt es überhaupt ein spezielles Einkaufsverhalten, dass die Gen@ prägt?

Neben den bereits genannten Beispielen gibt es weitere, die gravierende Generationsunterschiede im Einkaufsverhalten der Generationen belegen. Grundsätzlich gilt: Jede Generation muss sich in einem Laden wohl und willkommen fühlen. Wobei die Zukunft der Läden maximal auf zwei Generationen zugeschnitten sein sollten. Beispielhaft lösen das in Deutschland die Inditex- und die H& M-Gruppe. Beide haben den Spagat zwischen den verschiedenen Generationsangeboten hervorragend gelöst. „Alles unter einem Dach“ gelingt jedoch kaum mehr und ist in der Regel nicht skalierbar. An der desolaten Warenhaussituation ist das deutlich abzulesen.

Die Generation@, also die ab 2010 geborene Kohorte, entwickelt sich jedoch im Unterschied zur Gen Z zu einer technologisch stark integrierten und zur ethnisch vielfältigsten Generation der Geschichte. Die zu erwartende weitere Zuwanderung aus unterschiedlichsten Kulturen beschleunigt diese Tendenz.

Was die Gen@ beschäftigt und sie stark beeinflusst, sind vor allem die digitalen Medien: Bereits ab dem sechsten Lebensjahr haben die Mitglieder der Gen@ gelernt, mit Smartphones oder Tablets umgehen, mit zehn bis 14 Jahren besaßen sie in der Regel eines oder beide dieser Endgeräte und in einem ähnlichen Alter waren sie auch schon regelmäßig im Netz unterwegs und bauten ihre eigenen Communities auf. In den USA lebende Alphas kommen auf durchschnittlich 4:44 Stunden Bildschirmzeit, die 13- bis 17-Jährigen bringen es sogar auf 7:22 Stunden. Interessant ist, dass gerade die Alphas ihre eigene Sprache entwickelt haben, die Boomer häufig nicht verstehen. Die Bezeichnung ihrer Outfits, wie Baggy-Jeans aus den 90ern oder Sneaker, differenziert sie unter anderem von der Gen Z.

Wie stark die Affinität den Gen@ zur Digitalwelt ausgeprägt ist, zeigt eindrücklich die Computerspielemesse „Gamescom“, die alljährlich fast eine halbe Millionen junge Besucher, die meisten im Alter zwischen zwölf und 18 Jahren, nach Köln zieht. Vom 20. bis 24. August 2025 werden in den Kölner Messehallen wieder zahlreiche Spieleneuheiten und Hardwareinnovationen vorgestellt. Mit 230.000 Quadratmetern Ausstellungsfläche für Computer- und Videospiele ist die Gamescom Europas größte Business-Plattform für die Games-Branche. Im Fokus stehen Neuerscheinungen, die dort ausprobiert werden können, bevor sie im Handel erhältlich sind. Auf der Gamescom bespielen die Kids Plattformen wie Roblox, Minecraft oder Fortnite, schaffen sich ihre individuellen Avatare und lernen so früh, mit hoch individualisierten Produkten ihre Identität zu unterstreichen. Für Händler im Grunde eine Pflichtveranstaltung, um zu sehen wie ihre zukünftigen Kunden ticken.

Ebenso lehrreich für ein besseres Verständnis der Konsumgewohnheiten der Gen@ empfehle ich eine Reise nach Tokyo. Hier sieht man deutlich die im Stadtteil Akihabara in Tokyo differenzierte Manga- und Animewelt. Eine schrille Heimat von Pokemon,  Hello Kitty und für die Nerds unter den Alphas ist auch die Luxusmarke BAPE. Eine klar Fantasywelt die so weit von der Gamescon nicht entfernt ist.

Zusammenfassung:

- Im Grunde bedeutet Demografie in Zukunft nicht mehr viel. Die Veränderung der Kulturen und kulturelle Werte sind entscheidend. Verbraucherkulturen sind dynamisch und im steten Wandel. Die Begriffe Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Erlebniskonsum, Regionalität. Sharing Economy,Neueste Tech-Gadgets, Markenbewusstsein sind derzeit bei allen Generationen im Trend. Vor allem zählt: Ich gehöre  meiner  Community an. 

- Die Gen@ wächst in einer digitalen Welt auf, spannend wird es mit der Einführung von TikTok Stores. Grundsätzlich treiben die sozialen Medien die Konsumgewohnheiten der Gen@, bis hin zu Fanclubs. Im Wesentlichen geht es darum, sich in einer Community wohlzufühlen, sei es im realen Leben oder vor allem auch im Netz. Millionen Follower lassen sich über Communties in den sozialen Medien beeinflussen.

- Unified Commerce löst Ominchannel und Multichannel ab. Unified Commerce erweitert das Online-Angebot um das tatsächliche Erlebnis im Store und repliziert es nicht. In Perfektion realisiert hat das Retail-as-a-Service-Konzept „Future Store“ in London Oxford Street. Mittels K.I. ist es möglich sich beraten zu lassen, die neuen KI -PC zu testen und online zu bestellen. Oder später auch ggf. umzutauschen. Es gibt nur ein einziges System, das als zentrale Datenplattform fungiert.

-Die Gen@ ist ja noch jung, aber sie beeinflusst bereits das Kaufverhalten Ihren Eltern, und ist in der Lage Einfluss auf Konsumstandards zu nehmen (Fridays for Future etc.)

- Mitglieder der Gen@ sollten für Händler willkommene Gesprächspartner sein, mit denen sie über die Wünsche an den Handel der Zukunft offen diskutieren.

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