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27. September 2022

"Wir müssen effizienter bauen!"

EXKLUSIVER GASTBEITRAG VON ERIK DEPENBROCK (DEPENBROCK BAU GRUPPE ) ZUR LEAN CONSTRUCTION-SPEZIALISIERUNG
Erik Depenbrock (Depenbrock Bau Gruppe). Foto: Depenbrock

Der Immobilienzyklus hat seinen Höhepunkt in Deutschland vorerst erreicht. Rund zwei Drittel der Branchenexpterten kommen laut dem jüngsten RICS Global Commercial Property Monitor zu dieser Einschätzung. Hauptursache hierfür ist sicherlich die Zinsentwicklung. Aber auch die Wirkung der notwendigen Investitionen in den Klimaschutz und die allgemein rasante Entwicklung der Baukosten sind in diesem Zusammenhang nicht zu unterschätzen. Die Baukosten steigen derzeit etwa doppelt so stark wie die bereits sehr hohe Infaltionsrate. Aufgrund es herrschenden Materialmangels werden Neubauprojekte häufiger als noch vor Monaten storniert, Baufirmen sehen sich damit vor ständig neue Herausforderungen gestellt.

 

Druck auf Handelsimmobilien ist besonders hoch

Im Besonderen gilt der Befund für Handelsimmobilien, die nach der Lockerung vieler Corona-Beschränkungen nur einen kurzzeitigen Aufschwung verzeichnen konnten. Die Transaktionsvolumina in diesem Segment gingen im zweiten Quartal des Jahres bereits deutlich zurück. Käufer sind angesichts der unsicheren wirtschaftlichen Gemengelage und negativer Umsatzprognosen im Einzelhandel noch weniger als zuvor geneigt, überhöhte Preise für ein Objekt zu akzeptieren.

Steigende Kosten bei tendenziell sinkenden Verkaufspreisen – beides macht das Geschäft für Projektentwickler in diesem Bereich nicht einfacher. Zwischen der Flächennachfrage und der schlüsselfertigen Bauabnahme können bei Einzelhandelsimmobilien durchaus bis zu 5 Jahre vergehen. Dieser Zeitraum birgt auch dann bereits Risiken, wenn die Projektfertigstellung nicht gerade auf einen fallenden Markt trifft.

Angesichts der reduzierten Verkaufsmargen bleibt eigentlich keinerlei Raum mehr für Ineffizienz und Verschwendung am Bau. Trotzdem herrscht auf zu vielen Baustellen im Land noch immer beides vor, sind die Ablaufe vor Ort noch immer die gleichen wie vor Jahrzehnten. Untersucht hat das Problem unter anderem Roland Berger in einer Studie zur Digitalisierung der Bauwirtschaft. So stieg die Produktivität der Baubranche zwischen 2006 und 2016 um nur 4,1 %, die gesamte Deutsche Wirtschaft wurde hingegen um 11 Prozent produktiver. Bauarbeiter verbringen laut der Untersuchung nur rund 30 Prozent ihrer Arbeitszeit mit Ihrer Haupttätigkeit, rund 70 hingegen Prozent mit dem Transport und der Suche von Materialien und Geräten sowie mit Auf- und Umräumarbeiten.

Von Lean Production zu Lean Construction

Um diesen Trend spätestens jetzt zu brechen, kann einer anderer großer Wirtschaftszweig als Vorbild dienen. Das Prinzip Lean Production hat bereits Mitte des 20. Jahrhunderts die Prozesse der Automobilindustrie revolutioniert und Toyota zu einem der größten Hersteller weltweit aufteigen lassen. Das Pendant in der Bauwirtschaft, Lean Construction, wurde in Branchenkreisen zuletzt oft als „altbacken“ belächelt. Der Begriff „altbewährt“ trifft es jedoch deutlich besser, angesichts möglicher Zeit- und Ressourceneinsparung im zweistelligen Prozentbereich.

In diesem Zusammenhang sollte, bei aller Wichtigkeit, nicht nur der monetäre Aspekt in den Blick genommen werden. Denn während der nachhaltige Betrieb von Gebäuden heute als fast selbstverständlich gilt, gibt es beim Bauschaffen noch enormes Potenzial zur Ressoucenschonung und somit letztlich zur CO2-Einsparung. Wenn rund 40 Prozent der weltweiten Emissionen im Bausektor entstehen, steht unsere Branche in der Pflicht, einen stärkeren Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Auch aus diesem Grund gehört Lean Construction wieder ins Vokabular jedes Projektverantwortlichen.

Wie genau funktioniert das Prinzip? Beim „Lean-Gedanken“ geht es im Grundsatz darum, Verschwendung aus dem Bau- und Planungsprozess zu eliminieren und diesen maximal wertschöpfend zu gestalten. Das beginnt mit der Nutzung einer geeigneten Software, endet dort aber selbstverständlich nicht.

Laut Roland Berger verbringen Führungskräfte am Bau bis zu 90 Prozent ihrer Zeit mit Kommunikation. Sind Akteure nicht auf dem gleichen Stand oder fehlt es an Dateneinsicht, gerät der Bauprozess immer wieder unnötig ins Stocken. Hier ist es am Projektentwickler, alle Parteien möglichst früh einzubinden und ein Netzwerk gegenseitiger Zusagen aufzubauen. Ingenieure, Planer, Architekten und Kalkulatoren müssen die anstehenden Projekte jeweils gemeinsam erarbeiten. Jede Partei profitiert davon, die Perspektive des anderen aus erster Hand zu kennen. Die Projektleiter können somit einen längeren Zeitraum vorausplanen, statt jeweils nur die nächsten Wochen zu betrachten.

Regelmäßige Meetings mit den Beteiligten in der Ausführungsphase dienen dazu, die gemachten Fortschritte zu analysieren und bei Problemen schnell Abhilfe schaffen zu können.

Um die praktische Umsetzung des Projekts im vorgegebenen Zeitrahmen und der gewünschten Qualität sicherzustellen, muss zudem der gesamte Bereich der Baustellen- und Lieferlogistik addressiert werden. Benötigt wird die richtige Qualität, in der richtigen Menge, am richtigen Ort, zur richtigen Zeit. Würden Baustoffe und Gewerke nicht nur „just in time“, sondern vor allem „in time“ eingesetzt, ließen sich viele Projekte deutlich effizienter und schneller realisieren.

Mit Prozessmanagement schafft man Effizienzen

Die massiven Lieferschwierigkeiten der vergangenen Monate, die vielfach sogar zur Stornierung von Bauprojekten führen, lassen sich allein durch verbesserte Prozesse am Bau selbstverständlich nicht beseitigen. Eine effektive Zusammenarbeit der Zulieferer innerhalb der Supply Chain und die Vernetzung mit dem ausführenden Bauunternehmen hat in der aktuellen Situation jedoch nochmals an Bedeutung gewonnen.

 

Bisher hat das Prozessmanagement am Bau von vielen Marktteilnehmern nicht die notwendige Aufmerksamkeit erhalten. Fehler in diesem Bereich wurden häufig verziehen und blieben ohne ernsthafte Konsequenzen, denn auf steigende Immobilienwerte war zumindest in den meisten Segmenten Verlass. Ordentliche, kostenverlässliche und letztlich rentable Projektentwicklungen von Handelsimmobilien sind künftig aber nicht mehr ohne gute Planungsprozesse denkbar.

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